Hallo allerseits,
hier muss ich denn doch einmal der Vivian beistehen und der Betriebswirtschaftslehre eine Lanze brechen!
Also, Herr Horn, was Sie an dieser Stelle tun ist, von den Unzulänglichkeiten einzelner auf die Untauglichkeit einer Wissenschaft und eines Berufsstandes zu schließen. Eine, wie ich finde, völlig unangebrachte Verallgemeinerung.
Wenn Sie auf die Betriebswirte schimpfen, welche meinen Sie denn? Steuerrechtler? Marketingleute? Personaler? Controller? Organisationsleute?
Schauen Sie sich mal die Bandbreite der Disziplinen der BWL an und Ihnen wird offenbar, dass die BWL aus unterschiedlichsten Disziplinen besteht, die teilweise auf völlig unterschiedlichen theoretischen Fundamenten stehen.
Die Tatsache, dass neben der Volkswirtschaftslehre kaum eine Wissenschaft über so viele, voneinander unabhängigen Determinanten verfügt wie die BWL, öffnet auch Scharlatanen Tür und Tor, die dann gerne mit mehr oder minder tollen Heilsversprechen ein Unternehmen in den Sand setzen.
Dieses führt dann häufig zu den, von Ihnen zu Recht angeprangerten Managementmodewellen.
Das heisst aber nicht, dass die BWL nicht ein in sich geschlossenes Theorienkonstrukt wäre, es ist nur ein ausgesprochen komplexes. Ein weiterer Punkt ist, dass, wie es einmal einer meiner besseren Professoren ausgedrückt hat, die BWL zu 50\% aus selbstverständlichem und zu 50\% aus unverständlichem besteht. Das führt dazu, dass viele mit Halbwissen durchaus kompetent wirken können, und diese auch relativ schwer enttarnt werden können, da die, von ihnen nicht behandelten 50\% nur sehr schwer zu kommunizieren sind. Aus diesem Grunde haben auch so viele Ingenieure im BWL Bereich so große Erfolge. Es ist aber vermessen, von Projekterfolgen auf betriebswirtschaftliche Kompetenz oder gar ein, das übliche BWL Wissen ersetzendes Wissen zu schließen. Das sind, durchaus wiederholbare Einzelerfolge, die aber mit einer wissenschaftlich fundierten Vorgehensweise, einer Theorie, die übergreifend und gezielt wiederholbar einsetzbar sind nichts zu tun haben. Man kann mit Lebenserfahrung in der BWL sehr große Erfolge erzielen und es ist tödlich, seine Lebenserfahrung auf dem Altar einer (betriebswirtschaftlichen) Theorie zu opfern (solch Dinge sind übrigens in anderen Wissenschaften des häufigeren passiert, die Physik ist hier sehr anfällig). Aber man muss ehrlicherweise anerkennen, dass Unternehmerische Erfolge allein auf Basis der Lebenserfahrung nicht weiter als Glückssache sind. Die Entwicklungen vieler Unternehmen der "New Economy" geben mir da Recht, hier wurde nämlich NICHT mit BWL Know-How Gearbeitet, sonder gesagt: "BWL, das ist Old-Economy, wir wissen das alles besser!"
Ein weiteres Problem ist, dass insbesondere in der jüngeren Vergangenheit der kurzfristige Unternehmenserfolg vor den langfristigen gestellt wurde und häufig immer noch wird (ich erinnere an dieser Stelle an das undifferenzierte Gefasel vom Shareholder Value, in dessen Namen Milliarden von Euro an den Börsen verbrannt wurden).
Das waren aber alles Entwicklungen, die nicht der BWL als Wissenschaft anzulasten sind, sondern, wie es einmal der Chef von Trigema ausgedrückt hat, Entwicklungen, die von "jungen Schnöseln" zu verantworten sind, deren Kernkompetenz darin bestand, eine große Klappe und überzogene Ziele zu haben.
So, dass musst jetzt sein.
Grüße und bitte nicht beleidigt sein,
Tim Gerdes
www.gerdes-consulting.de