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MartinS_
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Hallo Wolfgang,
Danke für Deinen aufschlussreichen Beitrag über den Choleriker (griechisch: Galle).
Sicher ist es gut, wenn es jemand gibt, der richtig auf den Tisch hauen kann, wenn es die Situation erfordert.
Der Choleriker, den ich meine, ist der Galle-Speier. In seinen Ausbrüchen unberechenbar, impulsiv, unbeherrscht, unflätig - wer mag mit so einem Menschen zusammenarbeiten ? Nur diejenigen, die unter dem sogennanten "Peter Pan Syndrom" leiden. Ob dabei gute Resultate erzielt werden, bezweifle ich.
Gruß, Martin S
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MartinS_
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Hi Frank,
ich denke, das trifft den Nagel auf den Kopf.
Gruß, Martin S
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WolfgangHorn_
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Hi, Martin,
: Der Choleriker, den ich meine, ist der Galle-Speier. In seinen Ausbrüchen unberechenbar, impulsiv, unbeherrscht, unflätig - wer mag mit so einem Menschen zusammenarbeiten? Ob dabei gute Resultate erzielt werden, bezweifle ich.
Natürlich hast Du Recht mit Deinem Zweifel, ob er gute Resultate erzielt.
Aber:
1. Wenn wir den "Herrn Galle" vor uns haben, dann wird der sich nicht selbst austauschen wollen. Sondern er sucht nach Wegen, wie er sein Wohlgefühl steigern kann, seine Resultate verbessern, wie er seinen Mitarbeitern die Arbeit angenehmer und produktiver machen kann. Folgerung: Genau das müssen wir finden.
2. Jede Gewohnheit, jede Routine beruht auf Entscheidungen. Jeder Schritt der Routine hat an seinem Anfang eine Entscheidung, eher diesen Schritt tun zu wollen als einen anderen. Als Autofahrer kuppeln und schalten wir routiniert, weil wir einfach wiederholen, was uns einst mal als effizient erschien (als wir noch nicht 18 waren, die ersten Abenteuer mit Vater auf dem Waldweg).
Zahlreiche dieser Entscheidungen erkennen wir erst dann also solche, wenn wir den Prozeß in Zeitlupe noch mal abspielen und uns fragen: "Wie hätten wir uns entschieden, wenn wir gewußt hätten...?" Besonders schwer zu erforschen sind die Schritte in der Intuition, die also ohne Begriffe ablaufen. Aber das geht durchaus, wenn man nur konsequent bei der Prozeßanalyse bleibt. Wenn man also eben nicht den Fehler des Schnellschusses macht und eine "krankheit" oder eine andere Scheinursache erfindet.
Wer akzeptiert, "Choleriker" genannt zu werden, der hat sich diese Verhaltensweise schon zu einem so tiefen Pfad gtrampelt, daß dieser zu einer Art Hohlweg geworden ist - so leicht kommt er da nicht mehr raus.
Trotzdem ist diese Verhaltensweise eine Kette von Entscheidungen. Und die kann man einzeln prüfen und optimieren, und dann die neu gefundene Verhaltensweise trainieren, bis sie "sitzt".
Martin, wer "Geist", "Seele" und "Psyche" als erfundene Scheinerklärungen erkennt, der kann seine Gewohnheiten leichter ändern. Der ist in seiner Flexibilität nur so begrenzt wie die Hexe durch den furchtsamen Glauben der Dorfbewohner.
Für den gibt es auch keine Geisteskrankheiten, sondern nur Widersprüche in seinen Entscheidungsgrundlagen und ungeschickte Denkprozesse.
Ciao
Wolfgang
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MartinS_
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Hallo Florian,
bei einem Ferienjobber, der zeitlich befristet in den Semesterferien arbeitet und nur auf's Geld aus ist, klappt das schon.
Natürlich hast Du recht, das die langfrsitige Mitarbeiter-Motivation nur durch ex- und intrinsische Motivation gegeben ist. Das wird aber kaum durch ein QM-System steuerbar sein, da spielen menschliche Faktoren eine weitaus wichtigere Rolle (menschliche Umgangsformen, Kritikfähigkeit der Einzelnen, Sozialkompetenz der Führungskräfte etc.).
QM kann einen Rahmen für Menschlichkeit & Motivation vorgeben, das funktioniert auch, so lange sich jeder in diesem Rahmen bewegt. Allerdings wird z.B. der Choleriker gerne mal diesen Rahmen verlassen - auf Dauer ist das nicht gerade motivationsfördernd.
Gruß, Martin S
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WolfgangHorn_
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Hallo Martin,
"Choleriker", bringt mich auf eine Idee (durchaus in Gedanken an Rudi Völler). Denn das klingt so nach Charakterfehler, den man unbedingt verstecken müsse.
Wer das versucht, der läuft dann gequält durch die Arbeit. Je selbstgezwungener der Chef, desto geringer seine Glaubwürdigkeit, desto größer aber die Angst der Mitarbeiter vor der Wucht des Vulkans, den der Chef nur mit Mühe in sich hält.
Dies Phänomen kann man auch anders interpretieren - und dann viel angenehmer für alle (bis auf die Psychotherapeuten, die eine lebenslange Einnahmequelle verlieren.)
_Wesenheiten soll man nicht über Gebühr vermehren (entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem) (Wilhelm von Ockham, um 1300-1349)
Gegen diese Regel hat verstoßen, wer die Beobachtung "dieser Chef brüllt seine Mitarbeiter unbeherrscht an!" interpretiert als: "Chef ist ein Choleriker".
Denn das ist er nicht. Denn wenn er am Abend in der Fitneß-Sauna sich von der Masseuse durchkneten läßt und völlig entspannt daliegt, dann wäre er ja zugleich auch ein Phlegmatiker. Und beide Identitäten widersprechen sich.
Diese Charakterkunde hat mit dem Hexenwahn gemeinsam: "Die ist eine Hexe!" stachelt das Dorf gegen das unschuldige Kräuterweiblein auf. Die Dorfbewohner gehen ihr aus dem Weg, kreuzen die Finger, tuscheln. Was immer sie sagt in ihrer vermeintlichen Unschuld, die anderen interpretieren es als Äußerungen einer Hexe. Was immer die arme Frau macht, um trotzdem mit den Dorfbewohnern zu reden, es wirkt unnormal - das Urteil ist bestätigt, Tortur und Scheiterhaufen nur noch eine Frage der Zeit.
Heutzutage könnte sie jeden Tag zum Therapeuten marschieren, so gering sein Einfluß auf die Dorfbewohner, so endlos wird er an der Therapie ihrer Geisteskrankheit "Ego-Schwäche" verdienen dürfen.
Das ist dasselbe wie
"Den Götzen macht nicht der Vergolder, sondern der Anbeter" Baltasar Gracian
...die Hexe macht nicht die Eule im Dachbalken, sondern der furchtsame Glaube der Dorfbewohner.
Das passiert auch dem, der als Choleriker verschrien ist.
Wie kommt er da raus? Aus dem Alltag: "Ich bin ein Choleriker. Ich traue mich nicht mehr zu meinen Mitarbeitern, ich habe Angst, ich könnte sie vertreiben."
Auskunft über die Mitarbeiter eingeholt: "Ja klar, unser Chef ist ein Choleriker. Insbesondere Montag morgens ist er unausstehlich. Aber das wettern wir ab, denn er ist ein Könner, und eigentich ein feiner Kerl."
Ergebnis: "Ach, meine Mitarbeiter sehen das gar nicht so schlimm wie mein Therapeut? Sie haben recht, wenn man das nicht als Cholerik sieht, sondern nur als Verhaltensweise... Natürlich bin ich engagiert, und je größer der Zeitverzug gegenüber der Restlaufzeit, desto nervöser werde ich, und wenn was schiefläuft, reagiere ich impulsiv...ich bin eben kein Philosoph, sondern ein Unternehmer, der hohe Risiken eingehen muß...ja, ich könnte meine Impulsivität auch anders nutzen...wissen sie was, es ist so heiß heute... Frau Gutergeist [mein Codename für die Sekretärin, die Frau hinter dem Manne], lassen sie doch mal für alle Speiseeis besorgen, ich teile das dann aus..."
Der Therapeut wird sicherlich höchst ärgerlich geschimpft haben auf den Dilettanten, der die Heilung seines Klienten unmöglich macht, aber der Unternehmer war's zufrieden...
Also, Martin, "Choleriker" ist schlimmstenfalls so schlimm, wie die jeweiligen Kollegen und Mitarbeiter darunter leiden - und damit die Resultate der leidenschaftlichen Person. Aber noch lange nicht so schlimm, wie die Sozialkompetenzträumer vom Gutmenschen ihn machen.
Ciao
Wolfgang Horn
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FrankHergt_
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Und auch noch mein Senf:
Zitat ein ehemaligen Abteilungsleiters bei uns:
"Sie können keine Menschen motivieren. Das müssen die selber tun. Demotivieren können Sie sie allerdings ohne Ende!"
Stimmt auch. Auch ein sauberes und sauber gelebtes QM-System motiviert mich nicht. Aber es veringert die Anzahl der täglichen Demotivatoren deutlich.
Schöne Grüße
Frank
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