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WolfgangHorn_
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Zu einem zweiten Punkt, Jürgen,
: Was nicht geht, ist Menschen zuverlässig zu messen.
Richtig. Aber das ist nur ein Teil der größeren Wahrheit: Wer Menschen messen will, der behandelt sie wie ein Objekt und erlebt Abwehr. Weil Menschen sich selbst als Subjekte empfinden.
Werner von Heisenberg hatte es noch simpel mit seiner Unschärferelation: Weil die Messung von Impuls oder Position eines Elektrons dies selbst beeinflußt, ist der Zustand des Elektrons nach der Messung anders als vorher. Die Meßergebnisse sind unscharf.
Er hatte es darin noch gut, weil Elektronen keinen eigenen Willen haben und schon gar keine Fähigkeiten, zu denken, die Absichten des Beobachters zu spekulieren und nach ihren Absichten und ihrer Phantasie zu reagieren.
Menschen aber können das. Deshalb - allein das Bekanntwerden des "Meßvorgangs" an Menschen führt zu einer Veränderung ihres Verhaltens, wobei wir die Art der Verändung nur schätzen können.
Aber wir können die Menschen als Subjekte ernst nehmen und sie einfach fragen. Wenn wir unsere Frage klug gestellt haben (unter anderem im Miteinander_, für ein gemeinsames Ziel und mit der Absicht, übeflüssige Mühen zu meiden), dann bekommen wir auch brauchbare Antworten, und mehr brauchen wir nicht, um bessere Resultate zu erwirken als unsere Konkurrenten.
"Denken Sie nur mal an den Bereich der Kommunikation. Sender, Empfänger, Filterung von Botschaften aufgrund der eigenen Lebens- und Lernerfahrungen. Schon alleine der Akt des miteinander Sprechens ist rein wissenschaftlich gesehen nicht messbar, denn wir wissen nicht, was die Gesprächspartner für sich hören und sagen wollen."
Richtig. Deswegen verschwendet man mit solchen Gedanken auch keine Zeit. Sondern:
"Begriffe, Argumente und Theorien sind nur Schall und Rauch. Es zählt nur das Gefühl, das entsteht bei der Vorstellung der konkreten Auswirkung des Arguments auf die Praxis." (J. Tikart, der Mettler-Toledo (Albstadt) sanierte)
"Wer sich an die Phantasie und die Sinne der Menschen richtet, wird denjenigen besiegen, der nur auf ihren Verstand einwirken will." (Friedrich der Große)
Erst schildern wir, was wir vor unserem inneren Auge sehen. Und dann fragen wir, was unser Zuhörer tun will - so erkennen wir, ob er zumindest einigermaßen in unserem Sinne handelt. Wer mehr will, läuft Gefahr, sich in metaphysischer Baumwolle zu verstricken.
"Schlimmer wird es, wenn Sie eine Befragung mit Hilfe eines Fragebogens machen. "Sind Sie mit Ihrem direkten Vorgesetzten zufrieden""
Das ist ein GAU, Jürgen. Denn allein diese Frage verrät Mißtrauen der auftraggebenden Führungskraft gegen ihren führenden Mitarbeiter.
Die Frage allein schürt Rebellion, erschwert allen beteiligten Führungskräften das Führen. Damit verlieren deren Unternehmenseinheiten an Fähigkeit, sich an Änderungen des Marktes anzupassen. Sie haben schon Recht, daß Sie solche ungeschickten Fragen vermeiden.
: Weiterbildung lässt sich nicht parametrisieren.
Auch richtig. Allein weil der Begriff "Weiterbildung" viel zu abstrakt und realitätsfern ist.
"Nach dem Motto, A+B-F erzwingt Wissenstransferfaktor X."
Auch völlig richtig - allein, weil Faktoren nicht gezwungen werden können wie der Flughöhenanzeiger im Flugzeug. Wer versucht, die Anzeigenadel zu verbiegen, wird die zur Spirale verbogen haben, bevor er aufschlägt.
Bedenklich ist aber, daß Sie meinen, so etwas müsse ausgedrückt werden.
: Es gibt in der Erwachsenenbildung, wie Sie richtig erkannt haben, viele unterschiedliche "Systeme". Das ist für Sie vielleicht schwer nachvollziehbar, aber das wird immer so bleiben, eben weil wir es hier mit Menschen zu tun haben, "und das ist auch gut so".
Oh, nein, Jürgen, diese Ihre Schuldzuweisung an "uns Ingeneure" zeigt wohl einen der systematischen Denkfehler der Pädagogik.
Ich folge Ihnen eben nicht in den "Sumpf" der vielen "Systeme", wie auch den Psychologen nicht in deren "Sumpf" der "rund 600 Richtungen" folge.
Sondern, wenn man mir so kommt, antworte ich mit Immanuel Kant: _Eine jede Lehre, wenn sie ein System, d.i. ein nach Prinzipien geordnetes Ganzes der Erkenntnis sein soll, heißt Wissenschaft." und stelle fest: Wo solch ein Chaos, da einfach keine Wissenschaft.
Die Psychologen haben ihr Chaos, in der Folge auch die auf deren Modellen aufbauenden Pädagogen.
Wie gesagt, ich bewundere Sie Pädagogen, wie Sie trotz des Chaos in Ihren Grundlagen noch einigermaßen gute Arbeit machen können.
"Aber wer studiert denn Pädagogik? Doch nur Menschenliebhaber (idealerweise). "
Gott sei Dank...
: Was ich mit dem Ganzen sagen will: Obwohl aus betriebswirtschaftlicher Sicht vielleicht der Kosten-Nutzen-Abgleich der allein Glückselig machende Faktor ist, bin ich froh, dass ich, auch als QMB, mit Menschen arbeite, von denen jeder anders reagiert. Denn das bedeutet Leben. In einer von Kennzahlen regierten (Arbeits)Welt möchte ich nicht leben.
Keine Sorge, das wird solange nicht passieren, wie es immer Menschen sind, die sich der Kennzahlen bedienen.
: Aber was soll das Gerede vom mündigen Arbeitnehmer, wenn er sich von oben bis unten, kreuzweise und beidseitig täglich messen lassen muss.
Nun, jeder Gesellschafter und Unternehmer hat das Recht, sein Vermögen auf seine persönliche Art und Weise zu verschleudern und sich dazu die Mitarbeiter einzustellen, die ihm nach Kräften helfen.
Wer seine Mitarbeirer wie Maschinen behandelt, der muß auch die Konsequenzen ertragen wie Gegeneinander, Heuchelei, Minderproduktivität und Minderergebnisse.
: Ich kann doch diesen Menschen nur im Rahmen seiner Möglichkeiten "nutzen".
Schön, wie Sie sich mit Anführungsstrichen von einem gängiger Irrtum distanzieren. So mündig die Menschen, so qualifiziert und spezialisiert, so sehr brauchen wir ihr engagiertes Mitdenken, so sehr lassen sich nur in Partnerschaft wettbewerbsfähige Ergebnisse erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Horn
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Jürgen_
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Bitte Wolfgang,
hier ist ein sehr gutes Beispiel für nicht gelunge Kommunikation, eben genau das, was ich in meinem Beitrag auch erwähnt habe. Wenn ich gleich zu Anfang schreibe, das ein Pädagoge als QMB "geht", dann meine ich damit nicht, dass ich aufgrund meiner pädagogischen Ausbildung (Erziehung + Bildung) zu dieser Stelle gekommen bin, sondern dass die Ausbildung als Pädagoge nicht hinderlich für diesen Job ist. Konkret war ich vorher im Bereich Training schon in der Firma und hab mich eben für Prozesse und Leute interessiert. Das Interesse hat Gegeninteresse hervorgerufen und so hab ich mich in diesen für mich relativ neuen Bereich hinein gearbeitet. Noch erwähnt sei, dass unser Unternehmen mit ca. 70 Mitarbeiter relativ klein ist.
Mein Ansatz ist nicht der eines Erziehers. Kann ein Erwachsenenbildner in der Wirtschaft weder ernsthaft für umsetzbar noch für sinnvoll halten. Nein, ich bin kein Missionar (=Manipulator), sondern eher ein Aufklärer. In unserer Branche, der Softwareentwicklung, ist der Begriff des QM, wenn überhaupt bekannt, sehr negativ besetzt. QM = (Dokumentation * starre, unflexible Regulierungswut)/Kreativität. Diese Voreinstellung ist mittlerweile geändert, durch harte Arbeit ganz nah an den Menschen.
Noch einmal, hier wird niemand "erzogen". Ich könnte genauso Informatiker sein, nur eben ich muss es nicht.
Es wird auch nicht von irgendwelchen negativen Führungseigenschaften "derer da ganz oben" durch mich abgelenkt. Wenn es denn solche gibt, dann haben meine Kollegen genügend Grips, um sich nicht von irgendwelchen frommen Sprüchen meinerseits "auf Linie" bringen zu lassen. Mit dieser Richtung Ihrer Vermutungen liegen Sie wirklich in diesem Fall falsch. Ich hab meinen Beitrag noch mal gelesen. Könnte man aber wirklich rauslesen.
Sie haben Recht, dass sich in Bezug Qualität nur so viel im "Fußvolk" umsetzen lässt, wie die "Könige" und "kleinen Könige" vorleben. Ihr kleiner Einschränker "eigentlich" ist hier gar nicht nötig. Mehr geht nicht. Nur in diesem Rahmen kann ich arbeiten. Dabei bearbeite ich natürlich beide Seiten, was nicht immer einfach ist, aber das wissen Sie wahrscheinlich selbst.
Ich seh das Ganze aber nicht als Dilemma, sondern als Wirklichkeit. Es gibt Vorgaben, an denen ich nichts ändern kann: Menschen mit all ihren Vorzügen und all ihren Schwächen. Aus diesen Vorgaben versuch ich das Beste für die Menschen und natürlich für das Unternehmen heraus zu holen. Wichtige Prämisse ist dabei, dass Arbeitnehmer grundsätzlich Interesse haben, dass es dem Unternehmen gut geht. (Das ist in unserem Fall schon durch die geringe Größe der Firma gegeben) Genauso wichtig ist, dass Top Management die Mitarbeiterorientierung ehrlich meint, und nicht als Gewinnmaximierungsfaktor. Mit dieser Ausgangsbasis ist der PDCA-Zyklus auf jeden Fall das richtige Hilfsmittel. Nur eben nur insofern systematisch, als die Theorie und die Inhalte systematisierbar sind, nicht aber die Menschen. Wissen muss individuell vermittelt werden, es wird nie eine allgemeingültige Theorie der Wissensvermittlung geben.
Sie denken an Beliebigkeit, beim Auspruch "es gibt keine Wirklichkeit außer der, die wir uns selbst erfinden". Ich nicht. Für mich steckt da ganz viel Wahrheit dahinter. Zum Beispiel kann ich nur auf jemand eingehen, wenn ich seine "Sicht der Welt", eben seine Wirklichkeit nachvollziehen kann. Genau das ist der Grund, warum Sie manche meiner Gedanken nicht verstehen und auch gar nicht verstehen können, genauso wenig wie ich ihre. Wir haben unterschiedliche Wirklichkeiten in uns aufgebaut. Vielleicht sind für Sie alle Pädagogen Erzieher und wollen Leute missionieren. Dass wär dann die Wirklichkeit, die Sie erfunden haben, denn so ist es nicht, so ist es nur für Sie. Das ist überhaupt keine Aufgabe des Führungsanspruchs. Das ist für mich die einzige Möglichkeit Menschen wie Menschen zu behandeln und dadurch auch noch Erfolg zu haben. Führung kann doch nur gut sein, wenn sie den "Geführten" als Mensch berücksichtigt. Sonst wär es "Direktion".
Gruß
Jürgen
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WolfgangHorn_
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Hi, Jürgen,
zum letzten und, wie mir scheint, wichtigsten Unterschied zwischen "Ingenieuren" und "Pädagogen".
"Es gibt keine Wirklichkeit, außer der, die wir uns selber erfinden", schreiben Sie.
Damit stehen Sie, Jürgen, genau im Spagat zwischen
* einerseits den natur- und ingenieurwissenschaftlich geprägten Qualitätsdenken, in dem der Meter des Meisters genauso lang sein muß wie der des Lehrlings und des Kunden. Hier gibt es nur eine Wirklichkeit, aber auch Meßfehler. Jeder kann den wahren Wert nur annähernd bestimmen im Rahmen seiner Meßgenauigkeit.
* Und andererseits dem geisteswissenschaftlichen Denken der Theologen, Philosophen, Soziologen, Psychologen und Pädagogen, wo es Ihren Worten nach heißt: "Jeder hat seine konstruierte Wirklichkeit".
Beide Auffassungen vom Menschen in seiner Umwelt sind gemeinsam ein Widerspruch: Entweder ist die Wirklichkeit in dem, was wir beobachten, oder in unserem Abbild von der Wirklichkeit.
Dank der ersten Auffassung haben wir weltweit nur ein Urmeter und können die anderen Längenmaße zuverlässig umrechnen - innerhalb der technisch bedingten Meßgrenzen. Zumindest soweit, daß wir uns mit unseren koreanischen Kunden einigen können, wie lang der Shelter sein soll.
Der Preis dafür ist: Wenn wir in diesen Dingen unterschiedlicher Meinung sind, müssen wir zusammensetzen, um uns auseinander setzen zu können, um die Synthese zu finden.
Diese erste Auffassung paßt auch zur Regel, die die end- und fruchtlose scholastische Suche nach der Wahrheit beendete:
_Von zwei Thesen, die dasselbe Phänomen hinreichend erklären, möge diejenige als eher wahr gelten, die mit weniger Unbekannten auskommt oder bei gleicher Anzahl Unbekannter schlichter ist." (Wilhelm von Ockham, um 1300-1349)
Diese Regel sehe ich als Beginn der Aufklärung. Indem man den Streit um die "absolute Wahrheit" ersetzte um die Suche nach der "relativen Wahrheit", was als eher wahr gelten solle. Aber dies erfordert nun mal, daß man These und Gegenthese miteinander vergleicht und die Synthese sucht.
Die zweite Auffassung scheint mir eine der Ursachen zu sein für den "Sumpf" der "rund 600 psychologischen Richtungen" - und der schrecklichen Folgen dieses Sumpfes für die Anwender der psychologischen Theorien wie beispielsweise der Pädagogen.
Mit der These von den "konstruierten Wirklichkeiten" kann man einander wunderbar aus dem Weg gehen, Disput eben nicht austragen und dann findet man auch keine Synthese, sondern endet im "Sumpf" der "Vielfalt psychologischer Richtungen" und "Vielfalt der Systeme".
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Horn
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Jürgen_
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Hallo Wolfgang,
einige Anmerkungen hab ich auch noch.
Ich steh in keinem Spagat, denn beide Arten zu Denken sind nur vollständig, wenn sie sich ergänzen. Sie können weder nur technisch, noch nur geisteswissenschaftlich die Welt erklären. Sie können auch weder nur geisteswissenschaftlichm, noch nur technisch ein Unternehmen führen. Sie müssen beide Ansätze berücksichtigen.
Die hard facts durch Messungen, ... und die soft facts eben durch Einbeziehung des komplexen Systems Mensch.
Sie schreiben "Beide Auffassungen vom Menschen in seiner Umwelt sind gemeinsam ein Widerspruch: Entweder ist die Wirklichkeit in dem, was wir beobachten, oder in unserem Abbild von der Wirklichkeit." Glaub ich nicht. Auch hier ist es eine Kombination aus beiden. Nehmen Sie Paul Watzlawicks Beispiel vom Gold. Es gibt einige unbestreitbare "hard facts" wie Masse, Gewicht, Leitfähigkeit,... Das muss man wissen, wenn man Gold verarbeitet. Aber der "soft fact", dass Gold schön ist, dass es ein außerordentliches Gefühl ist, Gold auf der Haut zu spüren, macht es doch erst "objektiv wertvoll". Und nur deswegen wird Gold überhaupt verarbeitet. Schönheit und Empfinden sind aber wieder bei jedem Menschen individuell.
Dass die Suche nach der Wahrheit fruchtlos ist, geb ich Ihnen vollkommen Recht, gehe aber noch weiter. Die Wahrheit (scholastisch) interessiert mich nicht. Wem Wahrheit A hilft, soll sich danach richten, wem B hilft, soll eben an Wahrheit B glauben. Das ist aber ein ganz anderes Thema, oder?
Ich finde Ihre Logik sehr nachvollziehbar, in beinahe allen Punkten. Das ist ein Weg, mit dem man sicher sehr gut durch die (Arbeits)Welt kommt. Ein Punkt allerdings stört mich: ""Sumpf" der "rund 600 psychologischen Richtungen" - und der schrecklichen Folgen dieses Sumpfes für die Anwender der psychologischen Theorien wie beispielsweise der Pädagogen". Das ist natürlich ein schwerer Schlag, schon beinahe unter die Gürtellinie, dass Pädagogen Anwender psychologischer Theorien sind. Es gibt eine eigene, selbständige Wissenschaft, mit eigenen Theorien namens Pädagogik. Hier gibt es wie schon erwähnt eine Fülle von verschiedenen Ansätzen, die sich teilweise ergänzen, sich aber auch teilweise widersprechen. Das ist aber kein Sumpf!!!! Es ist die adäquate Antwort auf etliche Fragen, die Menschen betreffen. Und die kann man halt nun mal nicht auf griffige, unveränderliche, urmeterliche Formeln bringen. Trotzdem sind diese Antworten auch für die Wirtschaft wichtig, und obwohl es so viele verschiedene Ansätze gibt, macht es schon Sinn, sich mit dem Thema zu befassen.
Bevor wir aber wegen philosophischer Ausschweifungen aus diesem Forum vertrieben werden, reich ich Ihen virtuell die Hand und bedanke mich für den interessanten Meinungsaustausch.
Viele Grüße
Jürgen
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WolfgangHorn_
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Hi, Jürgen,
macht ja Spaß.
Aber es ist auch so wichtig wie der Beitrag einer "guten Weiterbildung" zu Zukunft und Wachstum eines Unternehmens. Und dazu wohl notwendig ist, sich klar zu werden, was eine "qualitativ gute Weiterbildung" ausmacht, woran es bisher hapert, und was besser gemacht werden könnte.
Deshalb habe ich auch kein Interesse an einem Händeschütteln mit dem versöhnlichen "Schön, daß wir uns mal wieder ausgetauscht haben, jeder hat ja auf seine Art und Weise recht." Diese Schein-Harmonie empfinde ich als Luxus, die den Fortschritt verhindert.
Sondern: Was immer eine Gemeinschaft (wie Team, oder auch Unternehmen) erreichen will, mit einem Minimum an Mühen und Kosten kann sie das nur, wenn der eine etwa so entscheidet und handelt wie der andere an seiner Stelle. Das ist Voraussetzung für Mitdenken-Können, Mitdenken-Wollen und auch Mitdenken-Lassen.
Das erfordert Gemeinsamkeit der Entscheidungsgrundlagen. Das erfordert, die Widersprüche zweckmäßig zu lösen.
Koexistenz unvereinbarer "konstruierter Wirklichkeiten" dagegen wäre ein Garant für Tabus, Mißverständnisse, Folgekonflikte, Erschwernisse der Arbeit, Minderergebnisse und Rückfall im Wettbewerb.
Was im philosophischen Seminar schick sein mag, wenn meine Konkurrenten das in ihren Firmen dulden, soll es mir sehr recht sein. 
Die größten Beiträge der ISO9000 ff und ähnlicher Standards zu Zukunft und Wachstum der Unternehmen sehe ich im Schaffen dieser Gemeinsamkeit der Entscheidungsgrundlagen.
: Ich steh in keinem Spagat, denn beide Arten zu Denken sind nur vollständig, wenn sie sich ergänzen.
Sorry, Irrtum. Eine dialektische Synthese kann nur möglich sein, wenn These und Antithese jeweils für sich wahr erscheinen.
Der Begriff "konstruierte Wirklichkeit" aber ist allein schon ein Widerspruch in sich und daher untauglich als Ausgangspunkt für eine Synthese.
Denn die Wirklichkeit ist. Sie ist Fakt. Was wir in unseren Köpfen konstruieren, ist nicht wirklich, sondern nur gedacht.
Richtig ist wohl, daß wir Menschen in unserem Gehirn ein Abbild der Wirklichkeit konstruieren. Das immer lückenhaft ist, verzerrt, mit Phantasie schön oder schrecklich gemalt und verschlimmbessert.
"Konstruiertes Abbild der Wirklichkeit" - das wäre richtig und entspricht genau dem bewährten naturwissenschaftlichen Vorgehen seit Wilhelm von Ockham, dem sich bisher nur die Geisteswissenschaften erfolgreich verweigert haben.
Die Erfolge der Natur- und Ingenieurwissenschaften auf der einen Seite und das Desaster in der Psychologie (in der Tradition der Geisteswissenschaft) andererseits zeigen, wer den größeren Bedarf hat zum Umdenken, wer den größeren Mut braucht zur Reflektion.
: ...Auch hier ist es eine Kombination aus beiden. Nehmen Sie Paul Watzlawicks Beispiel vom Gold. Es gibt einige unbestreitbare "hard facts" wie Masse, Gewicht, Leitfähigkeit,... Das muss man wissen, wenn man Gold verarbeitet. Aber der "soft fact", dass Gold schön ist, dass es ein außerordentliches Gefühl ist, Gold auf der Haut zu spüren, macht es doch erst "objektiv wertvoll". Und nur deswegen wird Gold überhaupt verarbeitet. Schönheit und Empfinden sind aber wieder bei jedem Menschen individuell.
Ja, und? Wir wollen zum bestmöglichen Preis ein- und verkaufen. Und dazu gibt's einen Markt und einen Marktwert. Der Kurs des Goldes geht rauf und runter, aber wer den Kurs für "soft" hält, für den kann seine Pleite ziemlich hart werden...
: Ich finde Ihre Logik sehr nachvollziehbar, in beinahe allen Punkten. Das ist ein Weg, mit dem man sicher sehr gut durch die (Arbeits)Welt kommt.
Danke.
: Ein Punkt allerdings stört mich: ""Sumpf" der "rund 600 psychologischen Richtungen" - und der schrecklichen Folgen dieses Sumpfes für die Anwender der psychologischen Theorien wie beispielsweise der Pädagogen". Das ist natürlich ein schwerer Schlag, schon beinahe unter die Gürtellinie, dass Pädagogen Anwender psychologischer Theorien sind.
Sollte die Situation etwa noch schlimmer sein? In Natur- und Ingenieurwissenschaften ist ganz klar: Die Atomphysik ist die Grundlage der Chemie, die Chemie die Grundlage für die Verfahrenstechnik.
Diese Klarheit und Transparenz gibt uns Ingenieuren die Sicherheit in die Richtigkeit unserer Methoden. Nur deshalb können wir haftbar gemacht werden für Pfusch.
Deswegen kann es einen "Dubbel" geben, in den sogar Arbeites des alten Griechen Archimedes eingeflossen sind, wie auch die Festigkeitswerte der neuesten Legierungen.
Und nun sagen Sie, Jürgen, "die Pädagogik" beruhe nicht nur nicht auf den Erkenntnissen "der Psychologie", sondern pflege völlig unabhängig ihre eigene Grundlagenwissenschaft? Durchaus verständlich bei dem Chaos in "der Psychologie".
Aber die eine Wissenschaft nicht auf der anderen aufbauen zu wollen, das wäre ja, als wollten die Verfahrenstechniker sich ihre eigene Physik "basteln", und die Nachrichtentechniker ebenfalls ihre eigene Physik.
Das bedeutet ja auch, daß "die Pädagogik" keine Forderungen stellt an "die Psychologie".
Etwas ineffizient, nicht wahr? Aber solange die Steuerzahler diese Mißwirtschaft dulden...
Mir scheint, da ist noch einiges zu tun.
: Es gibt eine eigene, selbständige Wissenschaft, mit eigenen Theorien namens Pädagogik. Hier gibt es wie schon erwähnt eine Fülle von verschiedenen Ansätzen, die sich teilweise ergänzen, sich aber auch teilweise widersprechen. Das ist aber kein Sumpf!!!!
Wie gut oder schlecht die Wertung "Sumpf" paßt, das ist Ansichtssache. Eine Wissenschaft aber, die Widersprüche duldet, verliert die Glaubwürdigkeit gegenüber den Laien.
Ich rühre gerade besonders tief in dem herum, was mir eine Wunde der Pädagogik zu sein scheint.
Nicht der einzelnen Pädagogen, denn denen unterstelle ich ein "gutes Herz" und guten Willen. In den gemeinsamen Entscheidungsgrundlagen und Denkweisen aber erkenne ich Fehler, kann sie nun auch logisch beweisen.
Vielleicht bin ich nach Giordano Bruno ja ein weiterer Ketzer, der auf dem Scheiterhaufen landet...
Ciao
Wolfgang Horn
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WolfgangHorn_
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Hi, Jürgen,
: Mein Ansatz ist nicht der eines Erziehers.
Die Begriffe "Prediger", "Erzieher", "Lehrer", "Trainer" und "Coach" gefallen mir alle nicht.
Wir wollen persönlich Zukunft und Sicherheit des Einkommens und des Arbeitsplatzes und daher Zukunft und Wachstum für unsere Unternehmenseinheit und unser Unternehmen.
Dazu müssen unsere Mitarbeiter überdurchschnittlich produktiv zusammen arbeiten.
Dazu brauchen wir Gemeinsamkeit der Entscheidungsgrundlagen. Und zwar keiner diktierten, die man nur widerwillig aus Angst vor Strafen befolgt, sondern aus Einsicht.
Als Führungskräfte suchen wir diese Gemeinsamkeit der Entscheidungsgrundlagen in unserem Verantwortungsbereich zu schaffen. Was zu den schwersten Aufgaben einer Führungskraft zählt, und auch zu den unbequemsten.
Wir Weiterbildner, Trainer, Lehrer können da nur helfen.
: ...ich bin kein Missionar (=Manipulator), sondern eher ein Aufklärer.
Das scheint mir auch die beste Art zu sein, zur Gemeinsamkeit der Entscheidungsgrundlagen beizutragen. Denn der Wissenschaftsbetrieb produziert eine Flut redundanter Theorien, und das verwirrt diejenigen, die letztlich Werte schaffen müssen.
: In unserer Branche, der Softwareentwicklung, ist der Begriff des QM, wenn überhaupt bekannt, sehr negativ besetzt. QM = (Dokumentation * starre, unflexible Regulierungswut)/Kreativität.
Tja, läßt sich auch einfach erklären: Mächtige, weil resultatverantwortliche Führungskräfte haben gern die Chance ergriffen, die unbequeme Aufgabe des Forderns und Vorlebens von Qualität zu delegieren an den QMB.
Dummerweise sind auch die Aufgaben
a) Resultatverantwortung,
b) Mitarbeiter disziplinarisch und fachlich führen,
c) Qualität bewirken und
d) Vorbildfunktion
nicht zu trennen.
Nun wurde aber getrennt, genervte Führungskräfte delegierten die unbequeme und nervige Arbeit, Qualität zu erwirken, an den frisch eingeführten QMB. Und so mancher QMB konnte sich nicht entziehen.
Zweckmäßiger wäre: Die Forderung "Qualität!" muß von den Resultatverantwortlichen kommen, diese müssen Qualität auch konsequent vorleben. Der QMB kann dann wirksamer sein als Berater, wie sich Mühen sparen lassen.
: Diese Voreinstellung ist mittlerweile geändert, durch harte Arbeit ganz nah an den Menschen.
Hihi, im Effekt eben doch "Erziehung"  ), d.h. zweckmäßige Änderung der Entscheidungsgrundlagen.
: Ich seh das Ganze aber nicht als Dilemma, sondern als Wirklichkeit. Es gibt Vorgaben, an denen ich nichts ändern kann: Menschen mit all ihren Vorzügen und all ihren Schwächen.
Hm, wieder ein allgemeiner Denkfehler, den man so täglich vor sich hin sagt.
Ein Überbleibsel der biblischen Auffassung, der Mensch sei nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen, aber leider als fehlerhafte Samstagsproduktion.
(Wie gut, daß Gott noch keine Rückrufaktion gestartet hat...)
Die Zuordnung von Vorzügen und Schwächen zu einer Person erfordert vorher den Vergleich an einem allgemeingültigen Idealbild.
Das hat die Theologie geschaffen.
Aber jede Person hält sich selbst für optimal. Nicht perfekt, sondern nur so gut, wie sie selbst es nicht besser könnte oder wollte.
Deshalb mögen wir Menschen nicht den Vergleich mit einem Ideal - und die Vergleicher auch nicht.
: Wichtige Prämisse ist dabei, dass Arbeitnehmer grundsätzlich Interesse haben, dass es dem Unternehmen gut geht.
Diese Prämisse ist problematisch. Denn logisch läßt sich beweisen: Unternehmer und Arbeitnehmer haben höchstes Interesse, daß sie sich selbst wohl fühlen. Dazu wollen sie, daß es ihren Kindern und Familien gut geht und ihnen selbst. Deshalb wollen sie Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, und als Mittel dazu Zukunft ihrer Unternehmenseinheit und ihres Unternehmens.
Aber wenn die Arbeitnehmer ihre persönlichen Ziele gesichert sehen auf Kosten des Unternehmens, dann muß man mit Illoyalität rechnen.
: (Das ist in unserem Fall schon durch die geringe Größe der Firma gegeben)
Klar. "Gemeinsamer Kampf um die gemeinsame Zukunft" kann sehr gut zusammenschweißen.
: Genauso wichtig ist, dass Top Management die Mitarbeiterorientierung ehrlich meint, und nicht als Gewinnmaximierungsfaktor.
Ach Herrjeh, schon wieder so ein Spruch, den man landesweit auf und ab wiederholt, und der doch nur Heuchelei ist. Denn "Mitarbeiterorientierung" ehrlich zu meinen ist ein Widerspruch in sich.
Denn einem Unternehmer darf nichts wichtiger sein als seine persönliche Zukunft.
Erfolgsbeispiel: "Gewiß habe ich nach Gewinn und Reichtum gestrebt, doch wesentlich nicht, um sie zu genießen, ... [sondern] um die Mittel zur Ausführung anderer Pläne und Unternehmen zu gewinnen..
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