***Hallo Ralf,
: nachdem alle im ISO-Kastendenken das Vorgehen des Auditors verdammen lass es mich mal aus meiner Sicht so darstellen:
***Gehe ich recht in der Annahme: Du gehörst zu diesen verdammungswürdigen Kreaturen?

: Ihr arbeitet in der Produktion mit als explizit "nicht freigegeben" gekennzeichneten Dokumenten. Das ist Schlamperei, ob mit oder ohne bürokratischem QM-System.
: Auch wenn die Freigaben auf Zuruf erfolgt sind ("wer hat mir das noch vor 3 Monaten in der Mittagspase schnell freigegeben??") sagen die Dokumente das Gegenteil aus. Punkt.
***Genau das hat uns unser Auditor auch gesagt. Inkl. "Punkt"! Natürlich sind wir vor Einführung des QMS "Schlampen" gewesen, sonst hätten wir das ja nicht gemacht/gebraucht, gell?
: Sich darauf zu berufen dass diese Dokumente vor der Zertifizierung erstellt wurden halte ich persönlich für fahrlässig. Es gibt ja immerhin die zwar nicht ganz ISO-konforme Methode der Rotstrichänderung: Der Freigebende streicht das "Nicht freigegeben" durch, setzt Datum und Namenskürzel daneben und fertig.
: Es ist ja nicht so dass Ihr nur eine Normen-Forderung nicht einhaltet sondern dass Ihr mit Eurem Verfahren gegen jegliche Grundsätze der Produktionslenkung verstosst.
***Und das soll jetzt der Grund sein, warum ich mich hinsetzen soll und die Arbeit der vergangenen 20 Jahre nachkontrolliere? Hast Du einen Taschenrechner? Dann benutz den mal.
: Das Killer-Argument der "Höllenarbeit" höre ich ebenfalls oft, wird schnell zunichte gemacht wenn man schriftlich einen Verantwortlichen für diesen Prozess im Protokoll festhalten möchte. Das ganze dann mit dem Hinweis dass das Verfahren bei einem Rechtsstreit als fahrlässig, nach der Belehrung als grob fahrlässig ausgelegt werden könnte, d.h. daraus entstehende Rechtsansprüche gegen die Firma an den verantwortlichen MA "durchgereicht" werden könnten. Und - schwupps, man geht das Thema an, bereinigt es und alle sind zufrieden.
***Superidee: Mit Drohung die Leute zur Aktion zwingen! Was meinst Du, wie schnell ich das bisher aufgebaute Vertrauen dann verspielt haben werde? Ich bin als QM-MA der "HAUPTKOMMUNIKATOR" und kann nach Deiner Methode einpacken und nach Hause gehen.
Es muss ja keine produktionsstillegende Arbeit werden sondern ein Projekt das in einer sinnvollen Zeitspanne nachweislich und nachverfolgt umgesetzt wird.
***Ach, nun wird wieder relativiert? Eben wolltest Du mir noch den ganzen Arm ausreißen. Sinnvolle Zeitspanne? Sinnvoll gehört doch in die Merkmals-Schublade (siehe Definition Qualität), dazu muß ermittelt werden, was "sinnvoll" ist. Wir haben ermittelt, daß es "sinnvoll" ist, sukkzessiv die Stücklisten über Entwicklungänderungen anzufassen und dann freizugeben. Dann wird auch geprüft. Der Auditor fand das nicht sinnvoll, allerdings ohne "Ermittlung".
Mein lieber Ralf, ich habe gar nichts gegen Auditoren, die Missstände aufzeigen und damit helfen diese zu beseitigen. Das natürlich unter wirtschaftlichen Aspekten. Ich denke, als Auditor ist es durchaus schwer, innerhalb dieser mickrigen Zeitspanne des Audits dies vernünftig zu tun. Da ein Auditor auch nur ein Mensch ist, passieren manchmal die seltsamsten Dinge...
ABER ES KANN AUF GAR KEINEN FALL SEIN, DASS WIR PLEITE MACHEN, WEIL WIR ZERTIFIZIERT SEIN WOLLEN!
(Im Sinne von "Prozess gewonnen - Firma pleite")
Gruß
Sabine