Hallo Tim,
Du: "Ich wollte ...nicht der Marktschreierei und der Kritiklosigkeit Vorschub leisten."
Du weiter: "...dass von einigen Menschen ..Kritikfähigkeit als ... Anzeichen von Schwäche oder Unsicherheit fehlinterpretiert wird."
Im Bereich der Technik und Finanzen, der "Hard Facts" weniger. Aber sehr im Bereich der Soft Facts, wo man nur genügend Professoren gelesen haben muß, um jedem beliebigen Argument des Andern ein niederschmetterndes Zitat entgegensetzen zu können.
Und wenn der andere in der nächsten Minute das genaue Gegenteil behauptet, brauchen wir nur den anderen Professor zu zitieren, und unser Gegenüber schweigt wieder verdattert.
Klar habe ich übertrieben, aber nicht allzusehr.
Die berühmten Hawthorne-Experimente zur Motivation lassen sich ja selbst in alle Richtungen deuten.
(Für die Jungstudenten unter uns: Da wollte einer wissen, ob Arbeiterinnen am Fließband bei hellerem Arbeitslicht mehr leisten oder bei dunkleren, was einfach der richtige Lichtpegel ist. Ergebnis: Sowohl als auch auch. Die wissenschaftliche Würdigung dieses Ergebnisses ist schlimmer als die Würdigung des Doppelspaltexperiments in der Quantenphysik, das sowohl die Teilchen- als auch die Wellennatur von Photonen beweist. Bis zur Florian'schen ;-)Prozeßfähigkeit ist da noch ein weiter Weg...
Hihi, war gestern mal wieder beim Bowling. Prozeßfähigkeit beim Bowlen ist, den auf's Visier genommenen letzten Mohikaner unter den Pins möglichst selten zu verfehlen. Wäre die Prozeßfähigkeit beim Bowling etwa so wie bei den Hawthorne-Experimenten und ihrer Deutung, würden die Kugeln in entgegengesetzte Richtungen fliegen...)
Tim, sowohl Marktschreierei als auch die Suche der Kunden nach der Scheinsicherheit, die ein Guru wie Peter Drucker glänzen läßt, beides sind Indizien für die Mängel in einer Wissenschaft - und zugleich, wie unmündig diese Mängel die Kunden gemacht haben.
_Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen." (Immanual Kant)
Der Guru ist derjenige, der gesucht, und an den geklammert wird, um seinen Verstand in dessen Hände zu empfehlen. Der deshalb fehlerlos erscheinen muß - oder so verwirrend, daß die Fehler nicht erkennbar sind.
Die Aufklärung ist der seit einem Jahrtausend bewährte Weg aus diesem Übel heraus.
Dieser Weg ist notwendig, um die Mündigkeit der Führungskräfte nicht weiter zu begrenzen mit verwirrenden Lehren, Zitaten und Experimenten.
Um sie wieder stark zu machen, denn wir brauchen Stärke unserer Führungskräfte, Stärke der Besten.
Denn wenn nicht die Flohzirkusdirektoren stark sind, sondern die Flöhe oder auch nur einer von ihnen, dann ist die Zusammenarbeit ziemlich unproduktiv und unflexibel.
Warum delegieren denn so viele Geschäftsführer Führungsaufgaben an ihren QMB? Weil der im Namen der Qualität und mit seinem Instrumentarium mehr bewirken kann als ein Geschäftsführer, der sich nicht trauen darf. Der sich nicht trauen darf, weil jeder seiner Schritte fundierten Widerspruch auslösen kann, wie wir das in der Politik gewohnt sind.
Die Beauftragung des QMB als Führungsersatz ist aber eine kranke Maßnahme, da wird kaum einer glücklich mit werden. (Dies Unglück schleicht sich auf verschiedenen Wegen an, die wohl alle hier im Forum zu lesen sind.)
Besser dran ist derjenige QMB, dessen Geschäftsführer weiß, was er will, was machbar ist und was nicht, und der sich nicht dreinreden läßt von Bessernwissern wie mir

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Ciao und geruhsames Wochenende und Weihnachtsgeschenkebasteln...
Wolfgang Horn