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MichelCrevoisier_
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Hallo Ralf
Herzlichen Dank für den sorgfältigen Kommentar. Über weite Strecken gebe ich dir Recht. Die Welt ist nicht schwarzweiss.
Nur, wie soll ich es sagen: Ich habe den Eindruck, dass trotz unendlich viel guten Willens und bester Motivation die ISO-Sache in die falsche Richtung läuft. GMP übrigens vielleicht auch. Vielleicht ist es das: Man verfolgt die NORM, und nicht die Qualität. Das Verfolgen der Norm zieht es mit sich, dass man das, was ich am besten mit dem französichen "conscience professionelle", so etwas wie Berufsstolz oder Berufsethos, vermischt mit Pflichtbewusstsein, verliert. Eine Art "Ent-Verantwortung" findet statt. Das betrifft die sorgfältige professionelle Arbeit im Betrieb genauso wie die Führung.
Bei uns sage ich immer: Wir beschäftigen uns zunnehmend mit der Abbildung der Realität, statt auf sie einzuwirken. Wir sehen die Dokumentation, die schönen Prozessdarstellungen, und laufen stets Gefahr zu meinen, das sei die Wirklichkeit. Abgesehen davon, dass wir dafür sehr viel Zeit und Geld verwenden, befürchte ich, dass wir schlechtere Berufsleute werden als es unsere Vorgänger - ohne ISO - waren.
P.S. Siehe in aller Freundlichkeit meine Bemerkungen etwas weiter oben, zur Frage des Zollstocks und der Zeiterfassungsmaschine.
Michel C.
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RalfSchmidt_
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Hallo,
:Wir haben erlebt, dass ein ISO-Zertifizierer ratlos in unserem Q-Kontrollabor stand - von der Materie hatte er ganz offensichtlich keine Ahnung - und auf rührende Art und Weise fragte. "Was könnte ich hier noch inspizieren?"
Wir hatten damals den TÜV Product Service Süddeutschland gewählt. Da sah das Audit wesentlich anders aus.
Der Auditor hat sie alle zum Schwitzen gebracht - im positiven Sinne. Durch Querchecks in den Unterlagen kam er sehr schnell auf die Schwachstellen des Systems, auch in der Produktion legte er schneller den Finger auf offene Wunden als man schauen konnte.
Das Audit hat uns sehr viel Informationen über die Qualität unseres Systems geliefert, darüber war man sich im internen Gespräch danach einig.
Soll heissen: Wer nur den billigsten/bequemsten Zertifizierer wählt kann eben keine Wunder erwarten. Und ist die Qualität der Auditoren offensichtlich schlecht gibt's ebenfalls Möglichkeiten zu Reagieren.
Bis dann,
Ralf Schmidt
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Kontrovers
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Zertifikate sind Schall und Rauch, ebenso alle anderen Gütesiegel. Ich bekomme jedes Jahr meine TÜV-Plakette und der TÜV bürgt damit nicht einmal für die Verkehrssicherheit meines Fahrzeuges, geschweige denn kann ich ihn im Versagensfalle haftbar machen. Genau so ist es mit dem ISO-Zertifikat. Hier hat man versucht, ein Werkzeug zu schaffen, um in den Unternehmen mehr Stabilität und Professionalität zu fördern und dies mit irgendeiner Gütekontrolle zu sichern. Aber wenigstens werden alte Rostlauben vom TÜV gelegentlich aus dem Verkehr gezogen - bei der Zertifizierung ist leider wesentlich mehr Spielraum.
Ich bin jedoch auch der Ansicht, das diese Zertifizierungs-Maschinerie inzwischen zu einem großen Anteil reiner Kommerz ist. Genau so ist das neue Schuldrecht eine ABM für Rechtsanwälte oder wenn Deutschland sein Steuersystem so vereinfachen würde, dass es jeder durchschnittlich gebildete Mensch versteht, dann stünde ein ganzer Berufszweig auf der Straße.
Eine Zertifizierung hat doch absolut nichts mehr mit dem Anspruch der ISO 9001 zu schaffen. Zertifikate kann man bei jedem gefügigen Auditor kaufen. Die freiberuflichen Auditoren und QM-Berater in Ostdeutschland kämpfen um die nackte Existenz. Unter diesen vor allem finanziellen Randbedingungen ist schon einiges möglich.
Die 9001 ist doch nichts weiter als ein Leitfaden zur vernünftigen Lenkung eines Unternehmens mit gesundem Menschenverstand, die eigentlich selbstverständlich sein sollte. Ich bin der Ansicht, wenn das Management professionell arbeitet, benötigt es keine DIN ISO 9001. Manche Geschäftsleitungen brauchen jedoch leider eine Krücke, die ihnen sagt, wie sie ein Unternehmen zu lenken haben. Dramatisch wird es jedoch, vor allem für dem QMB, wenn eine GL ihr Unternehmen offensichtlich nicht beherrscht und trotzdem durch ein Zertifikat bescheinigt bekommt, dass sie es drauf hat. Dann fehlt dem armen und engagierten QMB, wie mir, auch noch das letzte Argument. Der QMB weiß, vorausgesetzt er ist entsprechend qualifiziert und fähig, wo die Säge im Unternehmen klemmt - aber er steht immer in der 2. Reihe. Wenn die GL das System nicht verstanden hat, kann oder will, was soll dann ein QMB ausrichten? Was soll ein QMB bewegen, wenn die GL nicht kritikfähig und veränderungswillig ist und ihre eingetretenen Pfade nicht verlassen will. Der QMB hat keine Unterstützung von der obersten Führung des Unternehmens, wie soll er Mitarbeiter motivieren? Unter diesen Umständen stirbt auch das Werkzeug Audit. Was die Unternehmensleitung nicht vorlebt, kann sie von den Mitarbeitern nicht fordern. D. h. sie kann schon, die Forderungen sind jedoch nur von formaler Natur, werden von den Mitarbeitern nicht gelebt und umgesetzt.
Herr Rescheneder versteht es wirklich immer wieder, die gleichen Diskussionen anzuheizen. Wir reden/schreiben uns die Köpfe heiß und Herr R. drückt sich vor jeder kontroversen Diskussion. Er wirft tatsächlich immer das gleiche Thema in die Runde. Er sollte wirklich begreifen, das ein Zertifikat nicht viel mit professionellem QM gemein hat und für nichts garantiert. QM wird gelebt und nicht zertifiziert. Das Zertifikat ist ein Abbild unserer Gesellschaft, so bald sich mit etwas leichtes Geld verdienen lässt, wird es gemacht. Sobald hinter einem Gütesiegel finanzielle Motive stehen, wird damit betrogen und Geld verdient. Dieses Gütesiegel ist wertlos. Wenn ich mit dem Gütesiegel "Öko" Geld verdienen kann, kaufe ich doch sofort billiges pestizitverseuchtes Getreide und versuche es unter diesem Siegel zu verkaufen. Bis das mal auffliegt, habe ich "meine Schäfchen" im trockenen.
Also viel Spaß noch
Kontrovers
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Marten_
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Eben ! Wir Auditoren sind nämlich wirklich nicht daran interessiert, jemanden "rund zu machen". Ich sehe unsere Aufgabe vielmehr genau darin, was Ralf geschrieben hat: Nämlich das Auffinden der Schwachstellen im System. Und jede eleminierte Schwachstelle ist ein Gewinn für das Unternehmen und gleichzeitig ein weiterer Schritt in Richtung KVP.
Ideologisches Gehetze gegen uns Auditoren bringt überhaupt nichts, denn laut "unseres" Leitfadens Iso 10010 sind ( oder sollen wir sein ) : unabhängig, können unsere persönliche Meinung unter die objektive Feststellung stellen und suchen nicht einen Punkt um das auditierte Unternehmen zu schädigen oder den QMB zu ärgern, sondern einfach nur objektiv Schwachstellen aufzutun ...
Marten
Gruß
Marten
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MichelCrevoisier_
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Hallo Ralf
Herzlichen Dank für den sorgfältigen Kommentar. Über weite Strecken gebe ich dir Recht. Die Welt ist nicht schwarzweiss.
Nur, wie soll ich es sagen: Ich habe den Eindruck, dass trotz unendlich viel guten Willens und bester Motivation die ISO-Sache in die falsche Richtung läuft. GMP übrigens vielleicht auch. Vielleicht ist es das: Man verfolgt die NORM, und nicht die Qualität. Das Verfolgen der Norm zieht es mit sich, dass man das, was ich am besten mit dem französichen "conscience professionelle", so etwas wie Berufsstolz oder Berufsethos, vermischt mit Pflichtbewusstsein, verliert. Eine Art "Ent-Verantwortung" findet statt. Das betrifft die sorgfältige professionelle Arbeit im Betrieb genauso wie die Führung.
Bei uns sage ich immer: Wir beschäftigen uns zunnehmend mit der Abbildung der Realität, statt auf sie einzuwirken. Wir sehen die Dokumentation, die schönen Prozessdarstellungen, und laufen stets Gefahr zu meinen, das sei die Wirklichkeit. Abgesehen davon, dass wir dafür sehr viel Zeit und Geld verwenden, befürchte ich, dass wir schlechtere Berufsleute werden als es unsere Vorgänger - ohne ISO - waren.
P.S. Siehe in aller Freundlichkeit meine Bemerkungen etwas weiter oben, zur Frage des Zollstocks und der Zeiterfassungsmaschine.
Michel C.
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RalfSchmidt_
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Hiya,
: Zertifikate ... "meine Schäfchen" im trockenen.
Dem kann ich komplett zustimmen. Aber dem R. aus W. muss ich immer auf die Mütze geben, sorry, ist ein Reflex 
: Also viel Spaß noch
Ja, danke, ebenfalls.
Bis dann,
Ralf Schmidt
Ich warte immer noch auf den ersten ISO9000- kritischen Hauptbeitrag hinter dem nicht R. steht  Da bin ich dann zu jeder Diskussion bereit.
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