Hi, Frank,
Arbeiten wir eher für eine Norm oder eher für unsere Zukunft?
Würden wir allein für die Norm arbeiten, läge eine Fragebogenaktion nahe: "Lieber Kunde, wir sehen leider selber nicht, wo wir uns fehlerhaft verhalten. Listen sie doch bitte mal alles auf, was ihnen mißfällt.."
Der große Vorteil: Wir brauchen sie nicht allzuoft zu wiederholen, weil wir keine Kunden mehr haben.
Die Frage des Obers im Nobelrestaurant: "hat es ihnen gemundet?" kommt deshalb auch mit dem Tonfall, der sie als rhethorische Frage kennzeichnet. Sie kann niemals mit "Nein" beantwortet werden, weil dafür die Küche zu exquisit ist, und weil der Ober genügend aufmerksam, um schon bei der Empfehlung der Speise die Miene des Gastes zu lesen.
Worauf kommt es an, wenn wir für unsere Zukunft arbeiten?
Sicher, daß unsere guten Kunden bei ihrer nächsten Kaufenscheidung unserem Angebot den Zuschlag geben. Egal, wie viel sie zuvor gemault haben.
Nebenbei wollen wir auch die Norm so ernst nehmen, wie wir es von anderen erwarten.
Wo sind die Hebel und Knöpfe, an denen wir drehen können?
Wohl hier:
a) die Einstellung der Leute gegenüber den Kunden muß stimmen. Das können wir wohl voraussetzen, die Ausnahmen fallen schnell auf und sind schnell repariert.
b) Unser Unternehmen muß überdurchschnittlich gut sein. So daß unsere Leute mit Recht der Meinung sein können, bei uns bekämen die Kunden mehr als von der Konkurrenz. Mit 'ner Pommesfriteuse allein können wir keine Nobelgenießer zufrieden stellen, allenfalls Frittenfans preiswerter beliefern.
c) Die Prozesse, das Verhalten gegenüber den Kunden müssen zur Einstellung passen und effizient sein. Davon können wir eigentlich auch ausgehen.
d) Die Leute, deren Verhalten Einfluß hat auf die Kaufentscheidung des Kunden, können sich auch so verhalten, wie sie selbst für sinnvoll halten. In der Regel läßt man nur solche an die Kunden ran.
e) Freiheit von Hindernissen, die sie hindern, so zu handeln. Wie beispielsweise "Zeitmangel". Hier vermute ich die größten Hindernisse, so groß, wie unserem Vertriebschef oder Service das Personal zusammengestrichen wurde, aber nicht dessen Vertriebsgebiet.
Natürlich müssen wir alle sparen. Leider wird gewöhnlich nicht dort gespart, wo es wirklich was einbringt, sondern dort, wo die Gegenargumente zu soft sind.
Und unsere Messung der Kundenzufriedenheit liefert uns schon ein paar schlagend, knallharte Argumente.
Natürlich werten wir alle die Schreiben und Mails unserer Kunden aus, natürlich schreibt jeder über Kundenkontakte einen Bericht. Und weil der natürlich ist, ist er nur mit Vorsicht zu genießen, aber trotzdem hervorragend.
Natürlich beobachten wir auf der Messe, wie sich die Kunden um unserem Stand drängeln und sich um den letzten der ausgegangenen Kataloge streiten, während unsere Konkurrenten auf deren Ständen Leerrunden drehen, wenn sie nicht gerade mutlos auf ihren Stapeln Katalogen hocken.
Ist das nicht genügend Material, um a) die Norm ernst genug zu nehmen und um b) frühzeitig zu erkennen, ob irgendwas schief läuft?
Das eigentlich Wichtige muß unser Vertriebschef machen: Seine Leute anlernen, im Kundeneinsatz beobachten, ihre Einstellung und ihr Verhalten verbessern, ihnen Hindernisse aus dem Weg räumen, Brüllgefechte um die Personaldecke gewinnen, Smalltalk mit Kunden machen, deren Stimmung "erfühlen".
Ansonsten - so groß sein Einfluß auf diese Kennzahl, so sehr diese zu seinen Pflichten gehört, so sehr sollte er doch vorschlagen, wie sie zu ermitteln ist. Und seine Kostenstelle sollte auch die Kosten der Messung tragen...
Ciao
Wolfgang Horn