Hallo Vivian,
zum EFQM-Modell: Eine Gruppe von Könnern hat mal zusammengefaßt, was sie für notwendig halten für geschäftlichen Erfolg. Sie haben ihre Stoffsammlung gruppiert in 9 Kriterien von "Führung" bis "Geschäftsergebnisse".
Und diese unterteilt in Unterpunkte wie (Beispiel Führung):
1a: "Wie Führungskräfte ihr Engagement für eine Kultur des umfassenden Qualitätsmangements sichtbar unter Beweis stellen". Der Prozeß ist gefragt. Die Punktzahl für dies Unterkriterium ist dann um so höher, je vorschriftsmäßiger (=unflexibler) die Führungskräfte handeln und je einheitlicher im ganzen Unternehmen.
In der Selbstbewertung geht man diese Kriterien und Unterkriterien durch, addiert nachher die Punkte und kommt zu einer Summe, die ziemlich unwichtig ist.
Denn das Wesentliche ist, daß man sich im Gremium der Führungskräfte mal darüber unterhalten hat: "Wie führen wir eigentlich?" Daß hier hoffentlich Streit aufkommt, Selbstreflektion über das Verhalten und die Chefs auch in dieser achsoselbstverständlichen Sache zu lernen beginnen.
Demgegenüber ist auch die Art der Kriterien unwichtig. Viel wichtiger ist, daß man zu unterscheiden weiß, was nach EFQM richtig ist, und was für Zukunft und Wachstum unseres Unternehmens viel richtiger ist!!!
Daß die Mitarbeiter (die man durchaus mit einbeziehen kann) erkennen, ihre Chefs kümmern sich nicht nur um Zahlen und große Prozesse wie "Angebotsprozeß", sondern auch um die für selbstverständlich gehaltenen Prozesse "wie gehen wir miteinander so um, daß wir alle frei für Zukunft und Wachstum handeln können?"
Deswegen reicht auch nicht nur eine Bewertung. Genausowenig wie eine einzelne KVP-Sitzung. Sondern auf die Fortsetzung des Prozesses der Reflektion und des Lernens.
Wie gesagt, die Kriterien sind nicht so wichtig. Und die Punktezahl selbst sagt über die Qualität der Führung so wenig aus wie die Zentimetermaße über die Schönheit eines Mädels. Wohl ein Indiz, aber nur ein oberflächliches.
Wobei die Messung nach EFQM den Vorteil hat: mehrmals messen vergrößert die Oberweite, äh, nein, verbessert die Zahlen...

Kopfschüttelnd beobachte ich, wie die erste Führungsriege sich zusammenfindet und die Selbstbewertung per PC-Programm durchführt. Anschließend klopft man sich Schultern/Popo je nach Zufriedenheit über Punkte. Dann macht man ein Radar-Diagramm, das nie perfekt rund ist, deutet die Einbrüche als "negativ" und faßt Ziele. Wie "3d: Wie Mitarbeiter beteiligt, zu selbstständigem Handeln autorisiert und ihre Leistungen anerkannt werden. Meine Damen und Herren, die Zahl muß im nächsten Jahr doppelt so hoch sein. Wer übernimmt Verantwortung für das Ziel? Niemand? Ach, Vivian, machen sie das doch, sie machen das schon..."
Das ist dummes Zeug, weil selbst eine Halbgöttin namens Vivian nicht könnte, was jede Führungskraft selber tun muß. Das einfachste Mittel, "am EFQM-Tachometer zu drehen" wäre, einen Prozeß dafür zu formulieren und allen einzubleuen. Ob er zu ihrer Aufgabe und Person paßt oder nicht.
Hier ist der Mißbrauch von EFQM schon weit fortgeschritten, und der Unternehmer, der das zuuläßt, der ist an der Überbürokratisierung und stahlbetonartiger Flexibilität seines Unternehmens selbst schuld.
Außedem - das "optimale Verhalten" eines Unternehmens kann nicht dasselbe sein in Hochkonjunktur und in Rezession. Sondern muß sich anpassen. Im Orkan muß man ein Schiff eben anders führen als bei Schönwetter.
Besser, erst mal nach EFQM sich selbst bewerten, und dann selbst die Kriterien finden, die für das eigene Unternehmen derzeit wichtiger sind.
Von allen ähnlichen Modellen, die ich bisher unter die Finger bekommen habe, ist das EFQM-Modell das beste. Wenn als Mittel verstanden und eingesetzt für Zukunft und Wachstum des eigenen Unternehmens.
Die Kriterien und Unterkriterien kannst Du bei
www.efqm.org bestellen. Es ist nicht umsonst, kostet aber wesentlich weniger, als es nützt. Und so sehr der Obolus zur Zukunft der EFQM beiträgt wie der Obulus für DIN, meine ich, bestelle es auf Firmenkosten.
Ciao
Ihr
Wolfgang Horn