-
WolfgangHorn_
-
|
Hallo zurück, Vivian,
das, was Sie beschreiben, das erlebe ich auch so. Mehrfach. Da ist nicht nur eine Karriere vorzeitig zu Ende gegangen. Ich leide mit, diese Probleme ärgern mich.
Durch meine kulturlogische Brille gesehen, erkenne ich, das kann gar nicht anders sein:
1.) Solange für ein Unternehmen nichts wichtiger ist als dessen Zukunft, solange es dafür vor Allem überdurchschnittliche Resultate braucht, so sehr ist die "Mutter aller Hierarchien", die der Resultatverantwortung. Das ist die allerallerwichtigste. Alles andere muß der Resultatverantwortung nachgeordnet werden.
2.) Qualitätsmanagement und ähnliche Aufgaben funktionieren wunderbar, wenn der Resultatverantwortliche beraten wird - aber sowohl die Übersicht, als auch das letzte Wort behält.
3.) Ernste Schäden an der Produktivität sind die zwangsläufige Folge, wenn das letzte Wort einer Person gegeben wird, die es letztlich nicht im Sinne bestmöglicher Ergebnisse spricht, sondern im Interesse anderer Dinge. Ganz zu schweigen, wenn das Durcheinander der Verantwortlichkeiten die Übersicht nimmt.
Sekundär ist die Frage, ob diese Hierarchie sich entlang der Wertschöpfungsprozesse ausrichtet ("projektorientiert") oder entlang der fachspezifischen Tätigkeiten darin ("fachorientiert" wie Vertrieb-Entwicklung-Produktion-Montage-Service).
In dem, was ich den Jubelberichten über Prozeßmanagement gelesen habe, ist diese Problematik aber nicht beschrieben, geschweige denn, daß Maßnahmen zur Überwindung gegeben werden, "(geschweige denn) zum Quadrat", daß die auch noch plausibel wären. Es sind durchaus viele Hinweise zu lesen, wie man den "Widerstand" der "Linienfürsten" brechen und überwinden könne.
Mir scheint, die wichtigste Zutat zu einer neuen Managementmodewelle ist
* Erstens Ignoranz eines wesentlichen kausalen Zusammenhangs. In der Technik vielleicht die Ignoranz des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik, um dann das Konzept eines Perpetuum mobile verkaufen zu können. Der Traum vom Wissensmanagement beruht auf der irrigen Annahme, Menschen seien leicht zu bewegen zum Verzicht auf die persönlichen Vorteile eines exklusiven Vorsprungs an Wissen. Dieses Irrtums wegen hält sich die Flut der Erfolgsmeldungen in so engen Grenzen.
* Zweitens ein Satz kollektiver Scheuklappen, damit ja keiner auf die Idee kommt, diesen Schwachpunkt zu sehen, dessen Ignoranz die Träume erst in den Himmel schießen läßt.
Wenn alle meine Bekannten und mit der Sache vertrauten, durchaus darunter leiden und auch keine Hilfe wissen, vielleicht gibt's hier im Forum jemanden, war mein Gedanke.
Aber jetzt sieht es eher so aus, daß ich schon wieder ein Thema habe, dessen Aufklärung bitter notwendig ist. Damit der Einzelne, der etwas tun will, und der mit "mit meinem gesunden Menschenverstand meine ich..." anfängt, auch Argumente nachschieben kann, die niemand vom Tisch wischen kann.
: Das angerissene Thema ist alles andere als einfach. Prozesse überschneiden Hierarchiegrenzen - dort beginnt das ganze Dilemma des Prozessmanagements.
Eben.
: Vom Hierarchiedenken zum Prozessdenken ist es eben ein weiter Weg.
Tja, im Moment habe ich "begründete Zweifel", ob das Ziel überhaupt realistisch ist, ob es am Hallenboden überhaupt funktionieren kann. Geschweige denn, auch noch produktiver sein kann als das, was es ersetzen soll.
Ich fürchte, die Erfinder des Prozeßmanagements haben dünnbrettbohrerhaft nicht weit genug gedacht.
"Der arme Projektleiter... jumpt zwischen den Befindlichkeiten seiner projektspezifischen übergeodneten Abteilungsleiter hin und her. Dabei muss er sich von jedem seiner beliebig vielen Herren das OK zu den jeweiligen Projektinhalten einholen."
Ein in Behörden als "Mitzeichnungsgang" bekanntes und von Engagierten gefürchtetes Mittel, Maßnahmen im Treibsand zu stoppen.
Wer besonders engagiert ist, ruft dann "Basta!", und ist der gordische Kabelwust dann durchhauen, zischen die Funken und ersterben die Maschinen, dann muß man sich halt retten mit "wo gehobelt wird, da fallen halt Späne".
Erstaunlich, wie geduldig die Arbeitnehmer diese systematische Vernichtung von Kapital und Arbeitsplätzen tolerieren.
: Im Projektmanagement sollte üblicherweise ein Lenkungsausschuss oder ein Projektkoordinator eingesetzt werden - das weiß theoretisch jeder von uns. Wie sieht die Realität aus?
Wenn dieser richtig organisiert ist, dann funktioniert er auch. Das kenne ich aus meinem eigenen Projektgeschäft. "Richtig" organisiert bedeutet aber, daß die Verantwortlichkeiten auf den Schultern sitzen und nicht zwischen den Stühlen. Und so groß das Gegeneinander, so notwendig die Suche nach sicheren Stühlen, so notwendig das Finden einer Organisation, in der die Schuld ewig hin und her geschoben werden kann.
: Gegenwärtig sehe ich unternehmensspezifisch nur die Chance, für jeden Prozess einen Eigentümer festzulegen
Das kann funktionieren, wenn der "Eigentümer" gar keiner ist und schon gar keine Verantwortung hat. Sondern wenn er nur der "Kümmerer" ist, der mit den Leuten zusammen den besten Prozeß, z.B. ein Angebotsprozeß, erst mal aufnimmt, beschreibt, dann zur Nachahmung vorstellt - und die KVP-Sitzungen leitet, in denen der Prozeß verbessert wird.
Ciao
Wolfgang
|
|
-
WolfgangHorn_
-
|
Hallo zurück, Vivian,
das, was Sie beschreiben, das erlebe ich auch so. Mehrfach. Da ist nicht nur eine Karriere vorzeitig zu Ende gegangen. Ich leide mit, diese Probleme ärgern mich.
Durch meine kulturlogische Brille gesehen, erkenne ich, das kann gar nicht anders sein:
1.) Solange für ein Unternehmen nichts wichtiger ist als dessen Zukunft, solange es dafür vor Allem überdurchschnittliche Resultate braucht, so sehr ist die "Mutter aller Hierarchien", die der Resultatverantwortung. Das ist die allerallerwichtigste. Alles andere muß der Resultatverantwortung nachgeordnet werden.
2.) Qualitätsmanagement und ähnliche Aufgaben funktionieren wunderbar, wenn der Resultatverantwortliche beraten wird - aber sowohl die Übersicht, als auch das letzte Wort behält.
3.) Ernste Schäden an der Produktivität sind die zwangsläufige Folge, wenn das letzte Wort einer Person gegeben wird, die es letztlich nicht im Sinne bestmöglicher Ergebnisse spricht, sondern im Interesse anderer Dinge. Ganz zu schweigen, wenn das Durcheinander der Verantwortlichkeiten die Übersicht nimmt.
Sekundär ist die Frage, ob diese Hierarchie sich entlang der Wertschöpfungsprozesse ausrichtet ("projektorientiert") oder entlang der fachspezifischen Tätigkeiten darin ("fachorientiert" wie Vertrieb-Entwicklung-Produktion-Montage-Service).
In dem, was ich den Jubelberichten über Prozeßmanagement gelesen habe, ist diese Problematik aber nicht beschrieben, geschweige denn, daß Maßnahmen zur Überwindung gegeben werden, "(geschweige denn) zum Quadrat", daß die auch noch plausibel wären. Es sind durchaus viele Hinweise zu lesen, wie man den "Widerstand" der "Linienfürsten" brechen und überwinden könne.
Mir scheint, die wichtigste Zutat zu einer neuen Managementmodewelle ist
* Erstens Ignoranz eines wesentlichen kausalen Zusammenhangs. In der Technik vielleicht die Ignoranz des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik, um dann das Konzept eines Perpetuum mobile verkaufen zu können. Der Traum vom Wissensmanagement beruht auf der irrigen Annahme, Menschen seien leicht zu bewegen zum Verzicht auf die persönlichen Vorteile eines exklusiven Vorsprungs an Wissen. Dieses Irrtums wegen hält sich die Flut der Erfolgsmeldungen in so engen Grenzen.
* Zweitens ein Satz kollektiver Scheuklappen, damit ja keiner auf die Idee kommt, diesen Schwachpunkt zu sehen, dessen Ignoranz die Träume erst in den Himmel schießen läßt.
Wenn alle meine Bekannten und mit der Sache vertrauten, durchaus darunter leiden und auch keine Hilfe wissen, vielleicht gibt's hier im Forum jemanden, war mein Gedanke.
Aber jetzt sieht es eher so aus, daß ich schon wieder ein Thema habe, dessen Aufklärung bitter notwendig ist. Damit der Einzelne, der etwas tun will, und der mit "mit meinem gesunden Menschenverstand meine ich..." anfängt, auch Argumente nachschieben kann, die niemand vom Tisch wischen kann.
: Das angerissene Thema ist alles andere als einfach. Prozesse überschneiden Hierarchiegrenzen - dort beginnt das ganze Dilemma des Prozessmanagements.
Eben.
: Vom Hierarchiedenken zum Prozessdenken ist es eben ein weiter Weg.
Tja, im Moment habe ich "begründete Zweifel", ob das Ziel überhaupt realistisch ist, ob es am Hallenboden überhaupt funktionieren kann. Geschweige denn, auch noch produktiver sein kann als das, was es ersetzen soll.
Ich fürchte, die Erfinder des Prozeßmanagements haben dünnbrettbohrerhaft nicht weit genug gedacht.
"Der arme Projektleiter... jumpt zwischen den Befindlichkeiten seiner projektspezifischen übergeodneten Abteilungsleiter hin und her. Dabei muss er sich von jedem seiner beliebig vielen Herren das OK zu den jeweiligen Projektinhalten einholen."
Ein in Behörden als "Mitzeichnungsgang" bekanntes und von Engagierten gefürchtetes Mittel, Maßnahmen im Treibsand zu stoppen.
Wer besonders engagiert ist, ruft dann "Basta!", und ist der gordische Kabelwust dann durchhauen, zischen die Funken und ersterben die Maschinen, dann muß man sich halt retten mit "wo gehobelt wird, da fallen halt Späne".
Erstaunlich, wie geduldig die Arbeitnehmer diese systematische Vernichtung von Kapital und Arbeitsplätzen tolerieren.
: Im Projektmanagement sollte üblicherweise ein Lenkungsausschuss oder ein Projektkoordinator eingesetzt werden - das weiß theoretisch jeder von uns. Wie sieht die Realität aus?
Wenn dieser richtig organisiert ist, dann funktioniert er auch. Das kenne ich aus meinem eigenen Projektgeschäft. "Richtig" organisiert bedeutet aber, daß die Verantwortlichkeiten auf den Schultern sitzen und nicht zwischen den Stühlen. Und so groß das Gegeneinander, so notwendig die Suche nach sicheren Stühlen, so notwendig das Finden einer Organisation, in der die Schuld ewig hin und her geschoben werden kann.
: Gegenwärtig sehe ich unternehmensspezifisch nur die Chance, für jeden Prozess einen Eigentümer festzulegen
Das kann funktionieren, wenn der "Eigentümer" gar keiner ist und schon gar keine Verantwortung hat. Sondern wenn er nur der "Kümmerer" ist, der mit den Leuten zusammen den besten Prozeß, z.B. ein Angebotsprozeß, erst mal aufnimmt, beschreibt, dann zur Nachahmung vorstellt - und die KVP-Sitzungen leitet, in denen der Prozeß verbessert wird.
Ciao
Wolfgang
|
|
-
Vivian_
-
|
Hi Wolfgang,
Der Traum vom Wissensmanagement beruht auf der irrigen Annahme, Menschen seien leicht zu bewegen zum Verzicht auf die persönlichen Vorteile eines exklusiven Vorsprungs an Wissen. Dieses Irrtums wegen hält sich die Flut der Erfolgsmeldungen in so engen Grenzen.
* Dieser Irrtum ist nicht auf das Wissensmanagement begrenzbar. Wenn ich (noch)mein QMS oder auch die ganze Struktur/Kultur des Unternehmens betrachte - das ganze Unternehmen schwebt auf dieser Irrtumswolke. In der Dienstleistung steht der Mensch im Mittelpunkt, mit seiner Qualifikation, sozialem Geschick, Kreativität, seinem Verstand und Erfahrungen. Ich kann nicht vorn an der Maschine am Rädchen drehen, und sofort fallen gute oder schlechte Teile in die Kiste. Das elementare Bewusstsein, dass Menschen nicht bereit sind, sich auf Anweisung schnell zu bewegen und die in den letzten Jahren erlernte und erfahrene Kultur abzulegen, fehlt gundsätzlich - warum sollten sie auch? Ich schreibe eben keine Verfahrens-/Arbeitsanweisung und morgen arbeiten meine kritiklos Mitarbeiter danach. Die Mitarbeiter hauen mir alle Haken und Stolpersteine (noch) direkt um die Ohren. In der DL habe ich keinen korrekten Prüfplan oder ganz korrekten geradlinigen Abläufe - ich treffe immer wieder auf den "unsicheren Faktor Mensch". Viele Führungskräfte begreifen nicht, dass dieser Faktor Mensch durch kein QMS der Welt so gängelt werden kann, das er zuverlässig und sicher wie eine Maschine funktioniert.
Gibt es nachlesbare Erfahrungen, wie sich Firmenkulturen entwickeln? Welche Zeiträume werden für einen "Kulturumschwung" angesetzt - z. B. nach Übernahme der Firma durch neuen Eigentümer oder auch einer neuen GL? Wie lange brauchen Mitarbeiter, um einer neuen Firmenphilosophie wirklich zu vertrauen - aller 5 Jahre eine neue Philosophie oder unternehmensberaterempfohlene Firmenkultur kann es nicht sein.
: * Zweitens ein Satz kollektiver Scheuklappen, damit ja keiner auf die Idee kommt, diesen Schwachpunkt zu sehen, dessen Ignoranz die Träume erst in den Himmel schießen läßt.
*Ich habe ganz interessante Beobachtungen gemacht. Die Scheuklappen sind meist auf die Führungsebene begrenzt und dort auf die Führungskräfte, die gerade einer neuen Managmentmodewelle hinterherlaufen. Führungskräfte und Mitarbeiter, die nicht in den Prozess integriert sind, haben sehr wohl den kritischen Blick von außen. Es hat mich immer wieder erstaunt, wie treffsicher und realitätsnah viele Nicht-Integrierte urteilen.
: Wenn alle meine Bekannten und mit der Sache vertrauten, durchaus darunter leiden und auch keine Hilfe wissen, vielleicht gibt's hier im Forum jemanden, war mein Gedanke.
* Die Hoffnung habe ich auch. Ich habe auch ein sehr positives Beispiel kennengelernt. Die Firma wurde allerdings völlig neu aufgebaut - grüne Wiese - keine Altlasten. Jeder neue Mitarbeiter wurde ganz aktiv und bewusst in diese Firmenphilosophie integriert. Kritik und Verbesserungsvorschläge waren ausdrücklich erwünscht, wenn sie begündet waren und dem gemeinsamen Ziel dienten. Neue Mitarbeiter, die vorher in typischen ostdeutschen Unternehmen (Sklaventreiber) tätig waren, hatten zu Beginn erhebliche Probleme, mit der neuen Selbständigkeit umzugehen, sich an das erwünschte Selbstbewusstsein zu gewöhnen und ihre Möglichkeiten zu nutzen.
: Aber jetzt sieht es eher so aus, daß ich schon wieder ein Thema habe, dessen Aufklärung bitter notwendig ist. Damit der Einzelne, der etwas tun will, und der mit "mit meinem gesunden Menschenverstand meine ich..." anfängt, auch Argumente nachschieben kann, die niemand vom Tisch wischen kann.
* Bitte, bitte klären Sie die Manager unseres Dillemas auf.
: Tja, im Moment habe ich "begründete Zweifel", ob das Ziel überhaupt realistisch ist, ob es am Hallenboden überhaupt funktionieren kann. Geschweige denn, auch noch produktiver sein kann als das, was es ersetzen soll.
: Ich fürchte, die Erfinder des Prozeßmanagements haben dünnbrettbohrerhaft nicht weit genug gedacht.
* Mein Vorschlag - Pflichtschulung mit anschließender Prüfung für alle "Basta"-Entscheider als Pflichtnachweis für die Zertifizierung. Das setzt wenigstens voraus, dass sie sich mit dem Thema auseinandersetzen mussten. Es nützt ja schließlich nichts, wenn der QMB kompetent ist und an der Inkompetenz seiner GL scheitert. Damit wird wenigstens etwas theoretische Methodenkompetenz vermittelt - gemeiner Scherz.
: Wer besonders engagiert ist, ruft dann "Basta!", und ist der gordische Kabelwust dann durchhauen, zischen die Funken und ersterben die Maschinen, dann muß man sich halt retten mit "wo gehobelt wird, da fallen halt Späne".
* Da sind sie wieder - unsere "Basta"-Entscheider. Nur der berechtigte Basta-Entscheider kann und darf den gordischen Knoten durchhauen. Es sei denn, es gibt höhere Mächte - Insolventverwalter, Firmeneigentümer oder er wird durch Leidensdruck dazu gezwungen.
: Erstaunlich, wie geduldig die Arbeitnehmer diese systematische Vernichtung von Kapital und Arbeitsplätzen tolerieren.
* Die Reaktionen der AN finde ich auch sehr erstaunlich - ich habe noch gelernt "Proletarier aller Länder vereinigt euch" Aber wer wirft den ersten Stein - in Aufsichträten sitzende übersättigte Gewerkschafter wohl ehr nicht. Geschichtlich gesehen hatten die ersten "Steinewerfer" auch eine recht geringe Lebenserwartung - heute Karriereknick.
Die systematische Vernichtung von Kapital und Arbeitsplätzen halte ich für eine Krankheit unserer desolaten Gesellschaft. Gegenwärtig geht es zu vielen noch zu gut. Viele sind einfach zu übersättigt, können ihren Lebensstandard ohne Probleme halten. Wohlstand ist selbstverständlich, solange ich in ihm leben kann. Warum sollte ich nachdenken, solange es mir gut geht. Ich kenne viele, die so denken. Da kommt man schnell in Verruf, eine "rote Socke" zu sein. Wir sprechen uns in 10 Jahren zu dem Thema noch einmal.......
Schauen sie jeoch einmal nach Ostdeutschland. Hunderttausende wandern jedes Jahr ab, hunderttausende pendeln. Einige Millionen arbeits- und chancenlose werden jetzt an die Sozialhilfe gekoppelt. Folge - Löhne sinken weiter, weil es immer noch jemanden gibt, der für noch weniger Geld arbeitet. Bei vielen reicht der Lohn von meist 50 - 60 Stunden Arbeit gerade so, mit zwei Kindern hat der gemeine Ostdeutsche Facharbeiter verloren. Der Konsum sinkt gen Null. Ostdeutschland ist das Versuchsfeld des Westens. Hier wird geprobt, was möglich und realisierbar ist, wie hoch die Leidensfähigkeit der Menschen ist. Was in Westdtl. ein Unternehmen mit toller Firmenphilosophie ist, ist in der ostdeutschen Niederlassung ein Sklaventreiber auf 50 - 60 \% des Lohniveaus des Westens, bei mittlerweile ungefähr gleichen Lebenshaltungskosten. Was ist unsere Verfassung wert?
In ostdeutschen Firmen wird Kapital in wahnsinnigen Größenordnungen vernichtet. Arbeitskräfte werden bis zu 80 \% im ersten Beschäftigungsjahr gefördert. Investitionen werden aus X Fördertöpfen gefördert. Wenn mit Arbeitplatzabbau gedroht wird, gibts noch mehr Geld und trotzdem melden jährlich zig Firmen Insolvenz an.
Auch die Mitarbeiter meines AG sitzen starr wie der Haase vor der Schlange. Die Probleme sind unübersehbar und jeder hofft, irgenwie werde alles an ihm vorübergehen und so schlimm schon nicht werden.
Viele Grüße
|
|
-
FrankHergt_
-
|
Hallo Wolfgan, hallo Vivian!
Habe hier gerade eh' wieder Depresse, kann ich auch Euch beiden antworten, anstatt zu arbeiten.
Ich habe als Vorgehensweise für Prozeßmanagement gelernt, daß man zunächst feststellt, was überhaupt die Prozesse sind (nicht auf Neudeutsch: Wie Waren und Informationen wirklich(!) durch das Unternehmen laufen). Dann versucht man, die real existierende Unternehmensstruktur an die real existierenden Abläufe anzupassen und dabei möglichst viel (echte!) Verantwortung nach unten zu delegieren, um folgendes zu erreichen:
- Wenig Übergaben, ein Vorgang wird (ideal) von einer Mitarbeiterin von Anfang bis Ende bearbeitet.
- Keine Autoritätskonflikte: Mein offizieller Vorgesetzter ist wirklich auch der, der meine Arbeitsinhalte regelt. Damit enfällt die klassische Situation, daß drei Projektleiter und ein echter Chef an einem Sachbearbeiter zerren.
Damit sind die Prozeßverantwortlichen die, in deren offiziellem Hoheitsgebiet der Prozeß auch läuft, und die alle notwendigen Mittel in der Hand haben.
Als nächste verlange ich von ihnen aussagefähige (!) Kennzahlen zu ihren Prozessen, und daß sie dieselben laufend verbessern.
Mir bekannte reale Probleme dabei:
1. Beim Umbau versucht jeder, sein Pöstchen zu retten. Deshalb ist m.E. in dieser Phase eine gewisse Brutalität seitens der Geschäftsführung notwendig.
2. Flaschen bleiben Flaschen, egal wie man sie stapelt. Von jedem Posten mit Personalverantwortung muß ich sie, organisationsunabhängig, entfernen.
3. Schnittstellen: Gibt es natürlich immer noch und sind die klassischen Punkte, an denen es harzt. Deshalb gehören sie sorgfältig beschrieben (wer muß was bringen). Gleichzeit muß bei allen Beteiligten der Wille vorhanden sein, ein Stück weiter zu gehen, als in der Beschreibung steht. Ansonsten siehe Punkt 2.
Es versteht sich, daß alle diese Überlegungen erst ab einer gewissen Unternehmensgröße sinnvoll sind. Daß man auch unter der Überschrift "Prozeßmanagement" grauenhaften Unfug anstellen kann, versteht sich von selbst. Das gilt aber für jede Überschrift und entwerten meiner Meinung nach nicht prinzipiell die Denke, die ursprünglich dahinter steht.
PS für Wolfgang: Nein, das Ganze widerspricht auch nicht der Kulturlogik. Eine sinnvolle (= im Alltag praktische) Organisation und saubere Kennzahlen sind einfach Werkzeuge, die helfen, ein Unternehmen gut zu führen. Um es mit Dir zu sagen: Ohne Verständnis von Strömungslehre kann ich kein Flugzeug bauen. Das heißt aber noch nicht, daß die Nietzange dabei überflüsig ist!
|
|
-
Vivian_
-
|
Hallo Frank,
Bis hierher vollstes Einverständnis. Suche gerade Chef, der genau so arbeitet oder zumindest dieses Vorgehen als zielführend akzeptiert.
: Mir bekannte reale Probleme dabei:
: 1. Beim Umbau versucht jeder, sein Pöstchen zu retten. Deshalb ist m.E. in dieser Phase eine gewisse Brutalität seitens der Geschäftsführung notwendig.
*Da haben wir es wieder - bei der GL liegt der Knackpunkt. Prozessorientierung erfordert Umbau und damit vollste die Unterstützung und Akzeptanz der GL. Wenn die Unterstützung und die nötige Brutalität bei der Umsetzung fehlt ...... und Tschüss QMB.
: 2. Flaschen bleiben Flaschen, egal wie man sie stapelt. Von jedem Posten mit Personalverantwortung muß ich sie, organisationsunabhängig, entfernen.
* Wenn ich nur dürfte ..... hast du die Befugnis so frei zu agieren?
: 3. Schnittstellen: Gibt es natürlich immer noch und sind die klassischen Punkte, an denen es harzt. Deshalb gehören sie sorgfältig beschrieben (wer muß was bringen). Gleichzeit muß bei allen Beteiligten der Wille vorhanden sein, ein Stück weiter zu gehen, als in der Beschreibung steht. Ansonsten siehe Punkt 2.
* Welche sind deiner Meinung nach die klassischen Punkte an denen es harzt? Meine Prozesse scheitern momentan an der Harzstelle GL - patriarchischer Führunsstil. Von anderen QMlern höre ich, dass sie regelmäßig am Controllingbereich scheitern.
: Es versteht sich, daß alle diese Überlegungen erst ab einer gewissen Unternehmensgröße sinnvoll sind.
* Welche Größe soll sinnvoll sein? Deine Annahme ist ein Trugschluss. Diese Überlegungen sind für beinahe jede Unternehmensgröße sinnvoll. Wir sind noch ziemlich klein. Es ist unglaublich, welches Chaos wenige Führungskräfte und Mitarbeiter anrichten können - neuen Mitarbeitern kann kein Mensch erklären, wie wir eigentlich zu unserem Arbeitsergebnis kommen und wie unsere Prozesse schlüssig organisiert sind. Anarchie soll auch ein Führungsstil sein!?
Die GL war bisher der Überzeugung, dass sich derartige Betrachtungen bei der Firmengröße nicht lohnen. Derzeit gestaltet sich das Unternehmen als äußerst ineffizient, kaum mehr steuerbar.
Gruß
Vivian
Mein Gott - auf welchem QM-Niveau arbeite ich eigentlich bei meinem AG? Ich sollte bald einen neuen AG finden sonst verliere ich noch allen Glauben an das Funktionieren des QM und halte meine negativen Erfahrungen noch für den Normalzustand in deutschen Firmen.
|
|
-
FrankHergt_
-
|
Hallo Vivian!
Da haben wir es wieder - bei der GL liegt der Knackpunkt. Prozessorientierung erfordert Umbau und damit vollste die Unterstützung und Akzeptanz der GL. Wenn die Unterstützung und die nötige Brutalität bei der Umsetzung fehlt ...... und Tschüss QMB.
* Ja. Nicht nur der Knackpunkt, sondern überhaupt alles. Eine QMB kann beraten, sie kann organisieren, sie kann die Streitaxt des Herrn sein, aber: Wie's läuft bestimmt sie nicht. Originalton mein Chef: Du kannst eine Firma nicht vor ihrer Geschäftsleitung retten!
Wenn ich nur dürfte ..... hast du die Befugnis so frei zu agieren?
* Nein, natürlich nicht. Ich bin noch nicht mal QMB. Aber unser GL hat sie. Und er hat sie auch genutzt. Die Altglascontainer waren zwei Jahre lang ziemlich voll.
Welche sind deiner Meinung nach die klassischen Punkte an denen es harzt? Meine Prozesse scheitern momentan an der Harzstelle GL - patriarchischer Führunsstil. Von anderen QMlern höre ich, dass sie regelmäßig am Controllingbereich scheitern.
* Deckt sich. Interne Dienstleistungen neigen dazu, ein Problem zu sein. Ansonsten sind es wirklich nur zwei Fragen: Kann der Ablauf, mit etwas gesundem Menschenverstand betrachtet, funktionieren? Und: Sind die Beteiligten guten Willens? Wenn sie guten Willens sind werden sie auch mit den bescheuertsten Abläufen zurechtkommen, es kostet dann bloß mehr. Was den GL angeht: s.o.
Welche Größe soll sinnvoll sein? Deine Annahme ist ein Trugschluss. Diese Überlegungen sind für beinahe jede Unternehmensgröße sinnvoll. Wir sind noch ziemlich klein. Es ist unglaublich, welches Chaos wenige Führungskräfte und Mitarbeiter anrichten können - neuen Mitarbeitern kann kein Mensch erklären, wie wir eigentlich zu unserem Arbeitsergebnis kommen und wie unsere Prozesse schlüssig organisiert sind. Anarchie soll auch ein Führungsstil sein!?
* Die Aussage bezog sich auf die Prozeßorganisation. In Minifirmen hast Du das Problem des Auseinanderlaufens von Personal- und Arbeitsorganisation noch nicht. Die Grenze liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen 10 und 100 MA. Aber auch in einer Minifirma kann ich natürlich sauber aufschreiben, was zu tun ist. Allein schon mal, damit nicht eine einzelne Kündigung den ganzen Laden ruiniert.
Die GL war bisher der Überzeugung, dass sich derartige Betrachtungen bei der Firmengröße nicht lohnen. Derzeit gestaltet sich das Unternehmen als äußerst ineffizient, kaum mehr steuerbar.
* Saubere Abläufe lohnen sich immer. Saubere Kennzahlen auch. Es sind schon viele Handwerker pleite gegangen, weil sie keine Ahnung hatten, was die Firma wirklich gerade an Geld macht.
Mein Gott - auf welchem QM-Niveau arbeite ich eigentlich bei meinem AG? Ich sollte bald einen neuen AG finden sonst verliere ich noch allen Glauben an das Funktionieren des QM und halte meine negativen Erfahrungen noch für den Normalzustand in deutschen Firmen.
* Das mit dem neuen AG für Dich hatten wir doch schon mal....
Liebe Grüße
Frank
|
|
|