Ciao, Tim,
"Seien Sie fest in Ihren Entschlüssen. Wägen Sie das Für und Wider vorher ab; aber wenn Ihr Wille einmal erklärt ist, so gehen Sie um alles in der Welt nicht davon ab." (Friedrich der Große)
wenn das Dein Entschluß ist, dann ist es Dein Entschluß. Es sei denn, es täten sich Informationen auf, die wichtig genug sind, erneut zu entscheiden.
"Wir sind ja das ein- oder andere Mal aneinandergeraten und einmal ging es ja auch etwas heftiger zur Sache."
Ja, und?
Heute ist das Heucheln modern:
* Einerseits bewundern wir Anwälte wie Perry Mason oder aktuelle TV-Anwälte, die sich für ihren Klienten hart einsetzen, ihren gegnerischen Anwalt aber nur vor Gericht bis fast auf das Messer bekämpfen und anschließend mit dem ihm in die Gerichtskantine gehen oder ihn als Verbündeten gewinnen wollen zur Änderung der Satzung der Anwaltskammer.
* Andererseits entschuldigen wir uns, wenn wir selbst mal "hart zur Sache" gehen, als gehöre sich das nicht.
Dummfug. Wer überflüssige Mühen sparen will, der braucht Klarheit. Der Schmerz beim Verlust einer Illusion ist gering gegenüber dem Schmerz über die Folgen der Fehlentscheidungen, die beim Beharren auf Illusionen unvermeidbar wären.
"Und letzten Endes: Warum sollte ich dieser GL (mittelbar) dabei helfen, die Reputation einer Managementmethode zu zerstören, die sie anscheinend entweder nicht verstanden haben oder wissentlich mißbrauchen?"
Möglicherweise, weil sie mit einem Auftrag winkt. Du hast Dir hier im Forum den Ruf der Kompetenz und Seriosität erworben, das dürfte attraktiv sein für Geschäftsführer, die das Zertifikat in der Eingangshalle genauso stolz herzeigen wie ihre Verkaufszahlen an gefälschten Rolex-Uhren mit Gummibandaufzug. Das wäre dann halt die Frage, ob Dir der kurzfristige Gewinn wichtiger ist oder der weitblickende, der nur mit gutem Ruf zu erhalten ist.
"Ich beobachte...eine zunehmende Zahl von Anfragen nach dem Motto: _Ich bin Praktikant(in) oder Diplomand(in) und soll hier ein QMS implementieren."
Dies Symptom ist ernst zu nehmen, die Ursache dahinter noch ernster.
Ich vermute diese Ursache: Di3e Wandlung des Qualitätsmanagements von einer Sache des Könnens zu einer der Checklisten, die wir irgendwann auch bei Aldi kaufen können für 2,99€ mit dem Titel "Zertifikat billiger als vom Praktikanten!" oder so.
Deming und andere haben die Grundlagen der Kunst formuliert, wie man dem Kunden das liefert mit den Eigenschaften, die man ihm zugesagt hatte. Eigentlich leicht zu verstehen, aber so schwer umzusetzen, wie GL ihre eigenen Illusionen zum Tabu erklärt haben.
Die leicht begreifbaren Methoden haben all jene ausgeschöpft, die sich an die schwierigen Fragen nicht herangewagt haben oder lieber abzocken wollten. Hätte ich deren Absichten, täte ich mich auch leichter, statt der leicht verständlichen, aber schwer zu verdauenden Weisheiten Demings komplizierte Checklisten und Computerprogramme zu verkaufen mit dem Argument: Der Kauf des QM-Programms macht alle glücklich, die Zertifizierung ist gesichert!"
Solange eine GL nach sorgfältiger Kalkulation von Für und Wider meint, die Vorteile des QM auch mit Schein-QM bekommen zu können und einen willigen Auditor, solange braucht die Dein Können nicht, Tim.
Vorschrifen verteilen, Das kann auch ein Absolvent der Kindergarten-Abschlußprüfung.
Den Lichtblick sehe ich in den Unternehmen, deren Einkäufer sich nicht mehr abzocken lassen wollen von Talmi-Produzenten. Die sich von Zertifikaten ihrer Zulieferer nicht mehr täuschen lassen, sondern konsequent darauf achten, daß sie genau das bekommen, was ihnen zugesagt wurde.
Ist der Mißbrauch genügend lästig geworden, wird der Kurs geändert, wird wieder Können nachgefragt.
Ciao
Wolfgang Horn