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D.J._
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>Ich habe diese Woche zwei interessante Gespäche mit Kunden gehabt, die das gleiche Problem haben:
Teile, die wir für den Deutschen Markt geliefert haben liefen jahrelang problemlos. Dann wurden diese Teile in oben genannten Länder verlagert und das Drama fing an. Urplötzlich wird reklamiert was das Zeug hält.
Unabhängig davon ist mir aufgefallen, dass vom Kunden bevorzugte Nacharbeitsfirmen teilweise die 10-fache Zeit brauchen als Deutsche Nacharbeitsfirmen (besonders Ungarn).
Schriftliche Sonderabsprache mit den ehemals deutschen Kunden haben plötzlich keine Gültigkeit mehr.
Das schlimme an der ganzen Sache ist, dass man dem Neuen Kunden helfen muss ansonsten wird angedroht, dass entsprechende Werkzeug/Teil abzuziehen. Einer unserer Kunden berichtete man sollte sich in jedem Fall an die jeweiligen Verantwortlichen in Deutschland wenden, die jedoch auch schon mit dem Kopf schütteln und eigentlich gar nicht helfen können oder wollen.
Fest steht, wenn wir darauf eingehen, sind enorme Zusatzkosten fällig, denn man optimiert etwas und bringt es letztendlich auf einen optimalen Stand mit der Gefahr, dass das Teil/Werkzeug möglicherweise sowieso abgezogen wird oder man stellt sich quer und das Teil/Werkzeug wird sofort abgezogen.
Ich denke es ist schon schlimm genug, wenn die Arbeit in das Ausland abfließt und gewiss nicht so bald wiederkommt. Bekommen wir mit dieser Methodik den Gnadenstoss?
Ich denke es geht anderen genauso und es wird Zeit sich auszutauschen!
Danke für die Rückmeldungen!
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FrankHergt_
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Hallo D.J.!
Die ersten Artikel im Spiegel über Firmen, die ihre Produktionen nach Deutschland zurück verlagern, sind schon ca. 2 bis 3 Jahre alt. Je anspruchsvoller das Produkt ist, um so schwieriger ist eine Verlagerung. Wir hatten bei uns eine hochinteressante Vorstellung einer Firma, die bei der Lieferantensuche in China unterstützt. Von den Traumpreisen, die so durch die Köpfe schwirren, bleibt am Ende unter Einbeziehung aller Nebenkosten ein Preisvorteil von ca. 16 - 18\%.
Hört sich zwar zynisch an, aber langfristig regelt das der Markt. Hansgrohe macht gerade rauschende Geschäfte.....
Schöne Grüße
Frank
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Vivian_
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Hallo Frank,
Hansgrohe macht gerade im Permiumsegmet tolle Geschäfte. Hansgrohe hat schon immer auf den Standort Deutschland gesetzt.
Vom zweiten Grohe (die Firma haben zwei Brüder geerbt), Fa. Grohe im Ruhrpott, hört man jedoch wenig gutes. In die Entwicklung innovativer Produkte wurde jahrelang nichts investiert und diese Firma wirft in Deutschland gerade Leute raus und produziert bereits seit Jahren im Ausland. Das Management leidet auch an chronischer Fluktuation.
Deutschland wird nicht durch wenige Premiumfirmen überleben. Endress + Hauser ist ja auch nur einer der wenigen wirklichen Leuchttürme in Deutschland. Der Gesellschaft und dem Land geht es gut, wenn es der breiten Masse der Menschen gut geht.
Übrigens, in der Nähe von Prag gibt es einen großen Technologieparkt, recht automobillastig. Dort verdienen Tschechen bereits ein höheres Nettogehalt als ein tarifungebundener ostdeutscher Arbeiter. Weit über 90 Prozent der Unternehmen in Ostdeutschland unterliegen keinerlei Tarifbindung. Wir happy, wenn wir überhaupt arbeiten dürfen - für die Psyche - dafür machen wir auch 60 Stunden/Woche - unbezahlt. Dabei haben wir eine deutlich höhere Facharbeiterquote als Westdeutschland. Ein ostdeutscher Facharbeiter arbeitet hier weit unter dem Gehalt eines ungelernten westdeutschen Arbeiters.
Ich frage mich, warum deutsche Unternehmen unbedingt nach Tschechien oder Polen auswandern wollen?!
Ich bin ja so was von sauer.
Vivian
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FrankHergt_
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Hallo Vivian!
OT: Nett, mal wieder von Dir zu hören!
Der zweite Grohe ist gerade von einer amerikanischen Investment-Firma übernommen worden und will die Produktion komplett nach Ostasien verlagern. Und die Produktion sitzt bei mir in der Gegend. Deswegen komme ich gerade auf den Namen und darauf das HANSGROHE gute Geschäfte macht....
Vivian, bis sich die Löhne in China an die hiesigen angeglichen haben (oder bis das Erdöl zuende ist und Transport wieder teuer wird), wird Deutschland nur über Premiumfirmen überleben. Und über "kleinteilige" Zulieferer und Dienstleister für Dinge, die man nicht importieren kann oder für die sich der Aufwand nicht lohnt. Alle einfache Massenware ist von woanders billiger. Und Geiz ist bekanntlich geil..... Was wir mit denen machen sollen, die dabei nicht mithalten können, weiß ich auch nicht. Hat sich, glaube ich, auch noch keiner groß Gedanken drüber gemacht.
Was Du über Tschechien schreibst, freut mich. Wenn das so weiter geht, hört der Konkurrenzdruck von da bald auf.
Und was Auswanderungsgründe angeht: Mode ist Mode. Bei Unternehmern und Managern wie bei Teenagern. Vor 20 Jahren mußte man diversifizieren, vor 10 Jahren alles auf's Kerngeschäft zurückschneiden, heute braucht man einen weltweiten Konzern (mein Lieblingsbeispiel: Daimler Chrysler). Mein einziger Trost ist, das fast alle Firmen in Deutschland zu klein sind, um solche Mätzchen unbegrenzt mitzumachen.
Nebenbei: Wir fertigen auch in China. Allerdings für den chinesischen Markt.
Liebe Grüße
Frank
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Vivian_
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Hallo Frank,
Deutschland kann seinen heutigen Standard in allen gesellschaftlichen Bereichen nicht durch wenige Premiumfirmen aufrecht erhalten.
Wenige Premiumfirmen beschäftigen wenige Premium-Mitarbeiter. Der Premium-Mitarbeiter kann sich vielleicht irgendwann ein teures Auto und ein überdurchschnittliches Haus etc. leisten. Durch ihn entsteht quasi ein kleiner Premium-Markt.
Der Markt der breiten Masse wird jedoch immer weiter beschnitten, sei es durch Arbeitslosigkeit oder Anpassung der Löhne nach unten. Damit schrumpft dieser Markt zunehmend, der Kaufkraftverlust oder auch die Kaufunlust der Verbraucher wird bereits heute laut bejammert.
Sollten deutsche Unternehmen weiter verlagern, sollten sie sich langfristig darauf einrichten, ihre Produktionskapazitäten zu verringern und auch mit sinkenden Gewinnen zu kalkulieren. Nur wenige Südafrikaner können sich einen dicken Daimler leisten - ein arbeitsloser Deutscher kann es jedoch auch nicht mehr. Also zurück zum Bärenfell und ab in die Höhlen. Back to the Basics - ich bin mir nicht sicher, hat Marx diese Entwicklung überhaupt in Erwägung gezogen? (ist ein Scherz)
Die Unternehmen sollten sich darauf einrichten, ihre Produkte nur noch an eine begrenzte Bevölkerungsschicht verkaufen zu können - die Premium-Mitarbeiter weniger Premium-Unternehmen - ein überschaubarer Markt. Das Luxussegment kennt bekanntlich zu kaum einer Zeit Grenzen, nicht mal in Weltwirtschaftskrisen.
Schöne Grüße
Vivian
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FrankHergt_
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Ok, Vivian, aber: Was tun?
Was mache ich mit dem Mann, der vor 100 Jahren halt Heu gerecht hätte und bei dem es auch für nicht viel mehr reicht? Kombi-Lohn, Negativ-Steuer, Bürgergeld? Wäre bisher so meine Linie gewesen. Stand heute als unbezahlbar in der Zeitung. Müßte man natürlich mal die derzeitige Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe (sorry, Hartz IV) usw. gegen aufrechnen.
Was oft übersehen wird: Deutschlands Unternehmen leben oft nicht vom Verbrauchersektor, sondern von Investitionsgütern. Und da vom Export. Von daher kann es einem Großteil von ihnen wirklich egal sein, wie viele Leute hier noch wie viel Geld zum Einkaufen haben.
Just thoughts, wie Felde sagen würde...
Liebe Grüße
Frank
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