i, Vivian,
ha, das reizt mich, Wasser auf meine Mühlen.
"Aus welchem Grunde sollte das privatrechtliche Unternehmen TGA in Deutschland die einzige Gesellschaft sein, welche Personal bzw. Zertifizierungsgesellschaften für Managementsysteme akkreditieren darf?"
"Das ganze deutsche Zertifizierungssystem könnte aus den Angeln fliegen..."
Die Zertifizierer wurden wohl wegen eines Glaubwürdigkeitsproblems erfunden und haben dies noch immer im System.
Dies Glaubwürdigkeitsproblem ist für seine Unscheinbarkeit viel zu schwer.
Gegenbeispiel: Der Führerschein ist kein Zertifikat, sondern jeder weiß, was Fahrschule und Fahrstunde bedeuten, daß man nur jemanden im PS-gewaltigen Auto auf die Straße lassen darf, der Lenkung, Gas und Bremse zu unterscheiden und einigermaßen geschickt anzuwenden weiß - und die Straßenverkehrsordnung gut genug kennt, daß sein Verhalten keine Gefahr für andere bedeutet.
Das Diplom als Nachrichtentechniker ist auch kein Zertifikat. Sondern der Abschluß eines erfolgreichen Studiums, in dem der Student mit Spulen, Kondensatoren, Transistoren usw. Empfänger gebaut hat, wo er die Maxwell'schen Gesetze gelernt hat und weiß, wie er daraus eine Antenne mit gewünschten Eigenschaften entwickeln könnte, wenn er wollte.
Er hat noch viel mehr gelernt, was alles verständlich ist, nachvollziehbar, logisch und so realistisch wie die Naturgesetze, die Physiker und andere durch Experimente gefunden haben.
Weil das alles logisch, naturgesetzlich und nachvollziehbar ist, braucht man keine Zertifizierung. Die Maxwell'schen Gesetze sind auch ohne glaubhaft.
Im Bereich der "Soft Facts" aber erleben wir Quacksalberei wie in der Chemie, als sie noch Alchimie hieß und den Stein der Weisen suchte.
Quacksalberiche Rezepte sind zunächst einmal unglaubwürdig, und viele kluge Personen zweifeln die Gültigkeit der Lehren des Frederick W. Taylor an. (In einigen Punkten kann ich beweisen, daß sie zu Recht zweifeln, in anderen hat Taylor recht.)
Wer als Manager aber führen will, der muß auch überzeugen können - und dazu taugen keine quacksalberischen Managementlehren.
Überzeugen muß der Manager sowohl seine Mitarbeiter, als viel mehr noch seinen Chef, seine Investoren. Die sind oft sehr viel kritischer und haben mehr Macht, ihre Kritik kann aber auch nicht viel besser sein als das Quacksalberische ihrer Grundlage.
Also sucht man nach Sicherheit und Glaubwürdigkeit. Ein Zertifikat mag darin so gut sein, wie der Ruf des Zertifizierers gut ist.
Solange der "1000-Fliegen-Effekt" wirkt: "Das Zertifikat ist glaubhaft, weil 1000 Fliegen daran glauben!"
Ein eher gutes Beispiel sehe ich in der EFQM-Bewegung, solange die Wertungen noch auf dem beruhen, was Vertreter erfolgreicher Unternehmen als Gründe ihres Erfolgs zusammen getragen haben.
Aber wehe, einer kratzt erfolgreich an diesem 1000-Fliegen-Ruf eines Zertifizierers.
Je mehr Kratzer, je mehr unter dem Talmi das Messing sichtbar wird, je mehr zweiflerische Fragen ohne glaubwürdige Antwort bleiben, desto eher ist der Zertifizierer aufgelöst, desto eher sind die Zertifikate an der Wand verwelkt.
Ich kenne keinen besseren Weg als den, den Frederick W. Taylor eingeschlagen hat mit seinem "Scientific Management", und zwar mit dem, wofür er seinen Weg "Scientific" nannte. Er hat nicht nur behauptet, ein Arbeiter auf dem Schrottplatz leiste letztlich mehr, wenn man ihm Pausen zugesteht. Sondern er hat gemessen und seine Behauptung einsehbar und nachvollziehbar untermauert.
Die Grundannahme Taylors war ein Halbirrtum, aber davon abgesehen liefert das Wissenschaftliche seiner Lehre eine Glaubwürdigkeit, die kein Zertifizierer erreichen kann.
Deshalb sage ich dem Zertifizierungswesen das Ende voraus. Weil seine Grundlage nicht glaubwürdig ist.
Und wenn es eine glaubwürdige Grundlage hätte, dann wäre die Bestandteil des BWL-Studiums und bräuchte keine Zertifizierung mehr.
Ciao
Wolfgang