Hallo Daniel,
Prozessbeobachtungen mit Regelkarten und Prozessfähigkeitsberechnungen sind grundsätzlich zwei verschiedene Sachen.
Prozessbeobachtung:
Der laufende Prozess wird kontrolliert. Überwacht wird, ob sich es außergewöhnliche Werte gibt. Außergewöhnlich heißt z. B. Überschreiten der 3S-Grenze oder andere systematische Abweichungen (WEO-Rules).
Es geht dabei nur um das Prozessverhalten, nicht um die Anforderungen/Toleranzen.
Prozessfähigkeitsberechnungen:
Hierbei werden die Ergebnisse eines Prozesses mit den Kunden-Anforderungen verglichen. Fähig ist ein Prozess dann, wenn er die Kunden-Anforderungen gut genug erfüllt. Gut genug erfüllt heißt, dass die Streuung klein im Vergleich zur Toleranz sein muss und dass die Lage nahe an der gewünschten Mitte liegen muss.
Soweit die Theorie.
Natürlich ist es in der Praxis so, dass auf Regelkarten auch Toleranzgrenzen zu finden sind. Man muss sich nur darüber im klaren sein, dass sie nichts mit dem Prozess zu tun haben, sondern Kunden-Vorgaben sind.
Bei Dir ist schon die einfache Standardabweichung S größer als die Toleranz. Damit ist Dein Prozess unfähig, in ausreichendem Maß i.O.-Bauteile zu liefern. Vielleicht hast Du ja das Glück, dass Du die falsche Formel benutzt hast

Oder Du hast schlicht zu wenig Messwerte und da sind ein paar drin, die stark streuen und Dein S vergrößern.
Auf jeden Fall brauchst Du für jede Fähigkeitsberechnung und Regelkarten genügend viele Messwerte, Daumenregel: mehr als 100 aus einer ausreichenden Anzahl von Produktionstagen (>20). Dann musst Du untersuchen, ob die Messwerte (oder bei Untergruppen: Stichprobenmittelwerte) normalverteilt sind. Wenn das so ist, dann kannst Du die Grenzen / Fähigkeitsindizes berechnen.
Viele Grüße
Barbara