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Bernhard_
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Hallo!
Da will ich doch auch mal meine Erfahrungen dazu kund tun:
Bei meinem momentanen Arbeitgeber (Systemlieferant der Automobilindustrie) gibt es relativ wenig QS_ler, dafür werden sehr viel Qualitätsaufgaben auf die Mitarbeiter übertragen. Die QS ist "nur" beratend und unterstützend (z. B. zum System) bzw. als "Stichprobenprüfer" unterwegs. Funktioniert ganz gut und wird meiner Meinung nach auf allen Ebenen auch sehr gut so akzeptiert.
Bei meinem vorigen Arbeitgeber war das etwas anders. Dort gab es für ca. 600 MA 2 Qualitäter und gleichzeitig sagte ein Fertigungsleiter "Ich mach die Stückzahl und Du die Qualität". Ist natürlich sch..., aber in solchen Unternehmen, wo mittleres und höheres Management keinen Sinn für Qualität hat (kostet ja nur), kann man auch 200 Qualitäter einstellen und es wird sich trotzdem nur sehr wenig ändern.
Ich denke, dass ein Q-Mitarbeiter in einer Firma immer notwendig sein wird. In beratender und unterstützender sowie auch in motivierender Funktion, aber die eigentliche Qualität wird immer nur von den einzelnen Mitarbeitern selbst kommen. Und wenn die kein Interesse daran haben, weil sie dahingehend nicht motiviert werden (mach gefälligst Stückzahl!), na ja, dann gibt_s halt keine Qualitätsprodukte. Der Wettbewerb wird dieses Problem dann schon regeln.
Ausbaden müssens dann, wie im richtigen Leben, natürlich die kleinen! Aber bring das doch mal einem Betriebswirt bei, der immer noch glaubt, dass er derjenige ist, der das Geld verdient und nicht das Produkt und beim Anblick seiner eigenen Produkte nur frägt: Was ist das denn?!
Wollte ich nur mal los werden.
Schöne Grüße
Bernhard
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WolfgangHorn_
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"Hallo, wie geht's?" am Rande eines DGQ-Regionaltreffens.
"Ja, hallo, ich bin jetzt selbständig!" antwortet "Herr QMB", den ich als sehr engagiert kennengelernt hatte.
Er fährt fort: "Ich bin im vorzeitigen Ruhestand. Die Geschäftsführung meiner XY (eine Art Körperschaft, öffentlich-rechtlich, Monopolist ihrer Branche) hat entschieden, früher sei es auch ohne Qualitätsabteilung gegangen, so wurde sie aufgelöst. Qualität ist jetzt Aufgabe jedes Einzelnen."
"Oh je", sacken meine Schultern nach unten, "und die anstehende Rezertifizierung? Ihre Geschäftsführung hat doch so geworben mit DIN ISO?"
Grinsendes Schulterzucken zur Antwort.
Das ist Inkonsequenz der GF, auf die Spitze getrieben!
Die GF hatten die unangenehmen Führungsaufgaben an die Qualitätsabteilung delegiert.
Ich vermute, das Management empfand die Qualitäter dann als unangenehm. Dabei erinnere ich mich an Spieß und Stubendurchgang in der Grundausbildung. Wenn wir gekonnt hätten, den hätten wir auch gern in den vorzeitigen Ruhestand geschickt.
Ich erinnere mich, ein Kollege hier hatte vor ein paar Wochen nach Begründungen für Nutzen/Notwendigkeit seiner Qualitätsabteilung gefragt.
Sind das Einzelfälle oder die Vorläufer eines neuen Trends?
Solche Vorläufer sind häufig Randerscheinungen, wie große Imperien wie die UdSSR sich zuerst an ihrem Rande auflösen, wie damals in Polen, Ungarn, Baltikum, Georgien, Tschetschenien... Dort, wo man mitgemacht hat, weil es alle gemacht haben, aber ohne die Notwendigkeit, die ein qualitätsbewußter Großkunde setzt.
Wenn kein Einzelfall, sondern Trend - wo geht der hin? Die Fortsetzung der Inkonsequenz der GF, ihrer Arbeitsverweigerung in Sachen "Führen + Vorbildsein"? Also Anarchie?
Im Einzelfall erst mal ja. Und dann?
Also, gibt's weitere Beobachtungen?
Wenn ja, wäre die nächste Frage die nach Rettungsmaßnahmen.
Ciao
Wolfgang Horn
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FrankHergt_
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Hallo Wolfgang!
: Frank, warum hast Du nicht eher berichtet über Euren Schritt? Kam er Dir zu mutig vor?
Ich habe nie "berichtet", weil die Frage in der Form noch nie gestellt wurde. Darüber, daß ich eine prozeßorientierte Organisation für eine prinzipiell gute Sache halte, habe ich, glaube ich, schon öfter geschrieben. Auch über unsere Umstrukturierungen.
Nein, der Schritt kam uns (meine damalige Abteilung) nicht zu mutig vor, sondern zu kleinmütig. Die (derzeit) letzte Konsequenz, die Aufteilung der Endgerätefertigung auf die jeweiligen Entwicklungsabteilungen ist erst vor zwei Monaten anläßlich einer Bereichsleiterkündigung gezogen worden.
Ich will auch die Risiken nicht verschweigen. Die Anwendung gemeinsamer Methoden usw. beruht derzeit stark auf der Initiative Einzelner, die noch im alten System aufgewachsen sind. Bin gespannt, wie das in zehn Jahren läuft. Und, wie wir dann organisiert sind.
: b) So groß und unpersönlich das Unternehmen geworden ist, so stark das Gegeneinander. So hart finanziellen Hard Facts, so sehr werden Kosten gesenkt auf Kosten der Qualität, für Kundenreklamationen gibt's ja ein Call-Center.
Vorsicht mit dem "Gegeneinander". Spielt sicher auch eine Rolle. Und ich habe auch schon einiges Unheil aus persönlicher Profilierungssucht erwachsen sehen. Aber in der Hauptsache sehe ich die Notwendigkeit geordneter Strukturen, systematischer Vorgehensweisen usw. aus der schlichten Größe erwachsen. Es weiß sonst oft einfach die linke Hand nicht, was die rechte tut, bzw. die Geschäftsleitung, was zwei Etagen tiefer wirklich abgeht. Und mit Deinem "wohlwollenden Betriebsrundgang" ist das Problem auch nicht erledigt. Es gibt einfach viele Dinge, die Du nicht mit den Augen siehst.
Schöne Grüße
Frank
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Sabine_
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Die (derzeit) letzte Konsequenz, die Aufteilung der Endgerätefertigung auf die jeweiligen Entwicklungsabteilungen ist erst vor zwei Monaten anläßlich einer Bereichsleiterkündigung gezogen worden.
Hallo Frank,
obiger Schritt interessiert mich sehr. Wir haben derzeit die Problematik, das die Entwicklungsabteilung an der Endgerätefertigung nicht interessiert ist und dementsprechend auch die Entwicklungsergebnisse präsentiert. Auf die Idee die Entwickler in die Verantwortung zur Fertigung zu ziehen bin ich nicht gekommen.
Find ich theoretisch klasse.
Praktisch höre ich bereits das Gezeter meiner Entwickler, die sich mit Händen und Füßen gegen "mehr Arbeit" wehren. Und vom Gezeter des Betriebsleiters ganz zu schweigen, denn wer gibt schon gern mühsam erworbene Verantwortung her?
Wie schauts denn bei Dir in der Praxis damit aus?
Auch wenn das System erst neu ist, interessiert mich das bisherige Feedback.
Viele Grüße
Sabine
P.S: Wolfgang, das heißt "Moin Moin"!
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WolfgangHorn_
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Hi, Sabine,
>Wolfgang, das heißt "Moin Moin"!
Jein.
Hintergrund - bin in Bremen geboren und in Oldenburg kurz vor dem Ammerland aufgewachsen.
Wenn bei uns der Nordwestern so richtig pfeift, gerade in den kommenden Monaten, dann kann man keinem zumuten, den Mund länger offen zu halten als unbedingt notwendig.
Folgerungen:
1. Deshalb genügt bei uns 1xMoin. Mit dem 2xMoin vermeiden die Hamburger die Verwechslung mit dem Original. Da pfeift der Nordwestern ja auch schon weniger kalt.
2. Schwatztanten wie mich finden im Süden eher ihre Kunden, wie eben an de Isar.
Alles klar?
Ciao
Wolfgang
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WolfgangHorn_
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Hi Frank, Sabine,
Frank: Die (derzeit) letzte Konsequenz, die Aufteilung der Endgerätefertigung auf die jeweiligen Entwicklungsabteilungen ist erst vor zwei Monaten...gezogen worden.
Große Bürohäuser können wir vertikal bauen oder auch flach.
Das allmähliche Kippen aber könnte im Schutthaufen enden. Genauso ein Umbau, der mittendrin beginnt oder gar unten.
Wichtiger als "vertikal" oder "horizontal" sind "Konstruktionsprinzipien" der Arbeitsteilung wie die heilige Dreieinigkeit von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung. Und daß man nicht heuchelt oder irrt, sondern berücksichtigt, daß im Wirtschaftsunternehmen die Resultatverantwortung das wichtigste Strukturelement ist.
Es ist relativ egal, ob wir die Resultatverantwortung nach Branchen aufteilen, nach Vertriebsgebieten, nach Phasen im Produktentstehungsprozeß oder nach Produktlinien.
Hauptsache, sie bleibt oberstes Ordnungsprinzip.
Den Preis, Frank, den Du genannt hast, kann ich nur bestätigen und sogar beweisen, warum Du Recht hast: So sehr die prozeßorientierte Struktur die Prozesse optimiert, so sehr vernachlässigt sie andere Aspekte der Zusammenarbeit. Produktlinie A kauft CAD-System A ein, Produktlinie B das CAD-System B, und der gemeinsame CAD-Beauftragte ist ziemlich machtlos, darf nur vortragen und bitte, bitte sagen und "sonst geh' ich zur GF".
Aber das ist nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern das kann auch in Kauf genommen werden. Denn solange die großen Unsicherheiten und Risiken in der Frage liegen "wie entwickeln wir richtig?", so wichtig die Einigung darin, so richtig die fachorientierte Unterteilung der Verantwortung.
So sehr diese Frage aber in den Griff bekommen wurde, und das ist sie wohl in meinem Fachgebiet der Elektronik und Nachrichtentechnik, so sehr muß die Struktur der Unterteilung der Verantwortung zu den nun größten Problemen passen, wie die Frage "wie schaffen wir schneller als die Konkurrenz die Produkte, die unser unstete Kunde will?"
Weitere Folgerung daraus: Linien- oder Prozeßorientiert ist keine Frage des Entweder-Oder, der Philosophie, nur zwangsweise eine der Kunden, die ihre verlängerte Werkbank für sich optimieren wollen.
Sondern eine der Wirtschaftlich und Zweckmäßigkeit.
So sachlich betrachtet sind auch Mischformen denkbar - wie eine prozeßorientierte Entwicklung und Fertigung, unterstützt von einer vertikal organisierten Grundlagenentwicklung.
Hah, ich glaube, hier ist ein Faden, der zum Tau werden könnte zur Schlichtung von Streitereien um "| oder -?".
Ciao
Wolfgang Horn
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